Palliativversorgung bei Lungenkrebs für mehr gute Tage
Wenn Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium festgestellt wird, spricht man oft von einer palliativen Situation. Für Betroffene und Angehörige ist die palliative Situation eine große Herausforderung, da dies oft mit dem nahenden Lebensende verbunden wird. Doch in der modernen Medizin bedeutet Palliativversorgung weit mehr.
Unterstützung, Lebensqualität und Selbstfürsorge: In der Palliativmedizin geht es darum, die Lebensqualität zu verbessern und bestmöglich für sich selbst zu sorgen, auch wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist.1
Was bedeutet „palliativ“?
Das Wort „palliativ“ leitet sich vom lateinischen Wort pallium ab, was „Mantel“ oder „Schutz“ bedeutet.2 In der Medizin bezieht sich der Begriff auf Maßnahmen, die darauf abzielen, die Symptome einer unheilbaren Erkrankung zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern, anstatt die Krankheit zu heilen. Bei Lungenkrebs bedeutet dies, dass das Hauptziel der Behandlung darin besteht, Beschwerden wie Atemnot, Schmerzen und Erschöpfung zu lindern und den Alltag von Betroffenen zu erleichtern.3
Palliativmedizin kann bereits früh beginnen – parallel zu Krebstherapien wie Chemotherapie oder Immuntherapie.4,5 Es geht darum, die verbleibende Zeit so lebenswert wie möglich zu gestalten.
Wie ist die Lebenssituation in der Palliativphase bei Lungenkrebs?
Eine palliative Situation bei Lungenkrebs bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Ende unmittelbar bevorsteht. Viele Betroffene leben über Monate oder sogar Jahre hinweg mit der Erkrankung.6 Die Einschränkungen und Beschwerden hängen von der individuellen Krankheitsentwicklung ab. Häufig treten Symptome wie Atemnot, chronischer Husten, Schmerzen oder allgemeine Erschöpfung auf.7,8 Mit fortschreitender Krebserkrankung kann die körperliche Belastbarkeit abnehmen, und viele Menschen benötigen Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben.
Ein wichtiger Teil der palliativen Versorgung ist daher die Anpassung des Alltags, um Überforderung zu vermeiden und die eigene Energie sinnvoll zu nutzen. Auch palliative Therapien können helfen, die Lebensqualität zu erhalten. Dazu zählen neben der Schmerztherapie auch Maßnahmen zur Atemerleichterung sowie der Einsatz von Medikamenten gegen Übelkeit oder Angstgefühle.9,10,11,12
Medizinische Begleitung und Unterstützung
Palliativmedizin ist ein ganzheitliches Konzept, das sich um soziale Belange genauso kümmert wie um physische, psychische und auch spirituelle.13
Seelsorge, Psychoonkologie, Sozialarbeit, Physiotherapie, Pflegepersonal, Ärztinnen und Ärzte: Sie alle spielen eine entscheidende Rolle, wie gut Palliativversorgung gelingen kann. Sie arbeiten gemeinsam daran, Patientinnen oder Patienten und ihre Angehörigen bestmöglich zu versorgen und zu unterstützen.14,15
Wichtig ist auch die Kommunikation mit dem ärztlichen Team. Betroffene sollten keine Scheu haben, offen über Ängste und Beschwerden zu sprechen, damit die Therapie individuell angepasst werden kann. Dabei geht es nicht nur um medizinische Aspekte, sondern auch um persönliche Wünsche und Vorstellungen.
Sorge und Selbstfürsorge in der Palliativsituation für Betroffene und Angehörige: Wie kann das aussehen?
Trotz der Belastungen gibt es viele Möglichkeiten für Betroffene und Angehörige, aktiv an der Verbesserung der Lebensqualität mitzuwirken. Sie können individuell danach ausgewählt werden, wie es einer Person derzeit geht, wonach sie sich fühlt und wie beweglich sie ist. Hier einige Tipps, die in der Palliativsituation unterstützen können:
Der eigenen Trauer und Wut den Raum geben: Eine unheilbare Diagnose kann viele emotionale Reaktionen auslösen – von Trauer bis Wut. Es ist wichtig, diese Gefühle nicht zu unterdrücken, sondern ihnen Raum zu geben. Psychologische Unterstützung, zum Beispiel durch Psychoonkologie, kann helfen, diese emotionalen Herausforderungen zu bewältigen.
Über Wünsche und Grenzen sprechen: In der Palliativsituation ist es wichtig, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse klar zu äußern. Wie soll die weitere Behandlung aussehen? Welche persönlichen Ziele gibt es noch? Diese offenen Gespräche mit dem Behandlungsteam oder Angehörigen sind nicht immer leicht, aber sie geben vielleicht ein Stück weit das Gefühl, Kontrolle über die Situation zu behalten. Helfen kann es, gemeinsam zu besprechen, wie viele Informationen über den Gesundheitszustand gewünscht sind – oder was vielleicht bewusst nicht thematisiert werden soll.
Unterstützung annehmen: Es ist nicht immer einfach, Hilfe von außen anzunehmen, doch genau das kann eine große Entlastung sein. Angehörige, Freundinnen, Freunde und professionelle Pflegekräfte können helfen, den Alltag zu erleichtern. Auch psychosoziale Betreuung oder Gesprächskreise können wertvolle Unterstützung bieten.
Sich Zeit für sich selbst nehmen: Die eigene Zeit und Energie sind wertvoll. Es ist wichtig, Aktivitäten zu wählen, die Freude bereiten und gut tun. Egal ob es Spaziergänge, Lieblingsbücher, Musik oder entspannende Gespräche mit dem Bekannten- oder Freundeskreis sind: Diese kleinen Momente der Freude können viel bewirken.
Entspannungsmethoden nutzen: Atemübungen, Meditation oder Achtsamkeitstraining können helfen, mit Stress und Angst umzugehen. Diese Methoden tragen dazu bei, Körper und Geist zu beruhigen und im Alltag eine gewisse Ruhe zu finden, selbst in schwierigen Momenten.
Kleine Ziele setzen: Selbst in der Palliativsituation kann es hilfreich sein, sich kleine, erreichbare Ziele zu setzen – sei es ein Besuch von Freundinnen oder Freunden, ein Tagesausflug oder ein gutes Essen. Diese Ziele können motivieren und geben ein Gefühl von Erfüllung.
Unterstützung für Angehörige
Auch für Angehörige ist die palliative Phase eine Zeit großer Belastung. Es kann hilfreich sein, sich frühzeitig über Entlastungsangebote zu informieren – zum Beispiel über ambulante Palliativpflege, Hospizdienste oder psychologische Beratung. Angehörige sollten sich selbst nicht vernachlässigen und darauf achten, ebenfalls früh genug Unterstützung zu suchen, wenn sie gebraucht wird.
Lebensqualität im Mittelpunkt
In der palliativen Situation bei Lungenkrebs steht die Qualität der restlichen Lebenszeit oder auch Lebensstunden im Vordergrund. Es ist für alle Beteiligenden anzustreben, diese Zeit so gut und schön wie möglich zu gestalten, schmerzfrei und zugewandt. Dank moderner palliativer Versorgung können viele Beschwerden gelindert werden, sodass der Alltag und die Zeit mit mehr Leichtigkeit und Würde gelebt werden kann. Selbstfürsorge, der offene Austausch mit dem ärztlichen Team und Unterstützung aus dem Umfeld sind wichtige Bausteine, um die verbleibende Zeit so erfüllt wie möglich zu leben.
Diesen Artikel haben wir in Zusammenarbeit mit Eva Leroy geschrieben. Eva ist selbst Betroffene und ist zusätzlich aktiv in der Arbeit mit anderen Patientinnen und Patienten. Unter anderem leitet sie eine kleine freie Selbsthilfegruppe in Krefeld. Im Interview teilt Eva ihre Erfahrungen und erzählt von ihrem Mitwirken am Kinderbuch Ich träume von einem Wunder.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00024202
Quellen
¹ Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;11.
² https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/pallium/9422, zuletzt abgerufen am 17.10.2024.
³ https://selpers.com/lektion/palliativtherapie-bei-lungenkrebs-moegliche-behandlungen/, zuletzt abgerufen am 17.10.2024.
⁴ Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;49.
⁵ https://iuvando.de/erhaltungstherapie-lungenkrebs/, zuletzt abgerufen am 17.10.2024.
⁶ https://www.krebshilfe.net/beratung-hilfe/leben-mit-krebs/palliative-versorgung, zuletzt abgerufen am 17.10.2024.
⁷ https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/definition/behandlungsmethoden-bei-lungenkrebs.html, zuletzt abgerufen am 17.10.2024.
⁸ Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;194.
⁹ Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;159.
¹⁰ Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;142.
¹¹ Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;246.
¹² Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;378.
¹³ Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Version 2.2 | September 2020;40.
¹⁴ https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/palliativversorgung-7535.php, zuletzt abgerufen am 17.10.2024.
¹⁵ https://www.betanet.de/ganzheitlichkeit-in-der-palliativversorgung.html, zuletzt abgerufen am 04.11.2024.