Genmutationen bei Darmkrebs
Die genetischen Veränderungen eines Tumors spielen häufig eine wichtige Rolle bei der Therapieentscheidung. Erfahre mehr darüber, welche Bedeutung die Analyse des Tumorprofils haben kann und welche Chancen sich daraus für Darmkrebspatienten ergeben.
Bei etwa jeder achten Krebserkrankung in Deutschland handelt es sich um Darmkrebs. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen tritt Darmkrebs jenseits des 70. Lebensjahres auf. Doch während insgesamt die Erkrankungsraten sinken, nimmt der Anteil von jungen Darmkrebspatienten unter 50 Jahren zu.¹
Was bisher als eine Erkrankung des Alters galt, betrifft also immer mehr auch jüngere Menschen. Um der Frage nach dem „Warum“ auf den Grund zu gehen, haben Wissenschaftler die Genmutationen, die bei Darmkrebs eine Rolle spielen, genauer unter die Lupe genommen. Dabei erhoffen sie sich auch, dass die gewonnenen Informationen die Darmkrebs-Behandlung verbessern. Mehr Fakten rund um Darmkrebs sowie einen ersten Überblick über Symptome, die Diagnose und Therapiemöglichkeiten erhältst du hier.
Wenn jemand von Darmkrebs spricht, meint er meist das „kolorektale Karzinom“. Denn bei den meisten Betroffenen entsteht der Darmkrebs im Dickdarm (= Kolon) bzw. Mastdarm (= Rektum).
Genmutationen als Biomarker
Wie jeder Krebs entsteht auch Darmkrebs durch die Anhäufung von Genmutationen – also Veränderungen der Erbinformation. Bei Darmkrebs sind bereits einige dieser Genmutationen bekannt. Diese geben nicht nur Aufschluss über das Tumorwachstum und die Aggressivität des Tumors. Als Biomarker können sie deinem Arzt auch helfen, die richtige Therapie für dich zu finden. Denn ein Biomarker ist ein Merkmal, das Rückschlüsse auf potenziell krankhafte Prozesse in deinem Körper zulässt und sich objektiv und präzise messen lässt. Dazu gehören auch Mutationen, da sie die Eigenschaften von Krebszellen im Vergleich zu gesunden Zellen verändern – und das lässt sich messen.
Beispiele für Biomarker bei Darmkrebs sind Mutationen im KRAS- oder im NRAS-Gen (KRAS = Kirsten Rat Sarcoma; NRAS = Neuroblastom rat Sarcoma). Bei etwa 30 bis 50 Prozent bzw. 5 Prozent der Betroffenen weist der Tumor eine dieser Genmutationen auf.²,5 Und sie hat eine große Bedeutung für die Behandlung von metastasiertem Darmkrebs. Denn Tumoren mit KRAS- oder NRAS-Mutation sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf eine bestimmte, zielgerichtete Therapie an, die häufig bei Darmkrebs mit Metastasen zum Einsatz kommt (die Anti-EGFR-Therapie)5. Dies macht deutlich, wie wichtig es ist, die Genmutationen bei Patienten mit metastasiertem Darmkrebs zu kennen, um die individuell passende Therapiewahl zu treffen. Die Analyse von Genmutationen bei Darmkrebs kann so dazu beitragen, dass eventuell schwere Krankheitsverläufe oder schwere Nebenwirkungen vermieden werden.
Umfassende genetische Tumoranalyse – was bedeutet das?
Die wichtige Entdeckung der KRAS-Mutation führte dazu, dass Forscher intensiv nach weiteren Genmutationen bei Darmkrebs fahnden, die die Therapiewahl unterstützen können. Was dich zunächst vielleicht an die Suche nach der Nadel im Heuhaufen erinnert, wird möglich durch die sogenannte „Umfassende genetische Tumoranalyse“. Mithilfe dieser modernen Methode kann das gesamte Erbgut eines Tumors mit nur einem Test untersucht werden. Das bedeutet: Es wird ein umfassendes genetisches Tumorprofil erstellt, mit dem Forscher weitere Genmutationen aufdecken können, die bei der Entscheidung für eine Darmkrebsbehandlungsmethode eine wichtige Rolle spielen.
Weitere relevante Mutationen bei Darmkrebs, auf die immer gezielt untersucht wird, sind die BRAF-Mutation (v-Raf murine sarcoma viral oncogene homolog B1) und die Mikrosatelliteninstabilität (MSI-high).6
Genmutationen bei Darmkrebs: Eine Frage des Alters?
Mithilfe von umfassenden Tumorprofilen konnten Wissenschaftler auch zeigen, dass bestimmte Genmutationen häufiger bei jüngeren, andere dagegen eher bei älteren Darmkrebspatienten vorkommen. ³

Inwieweit Ärzte diese Unterschiede für die personalisierte Medizin – insbesondere bei jungen Darmkrebspatienten – nutzen können, wird weiter erforscht. Auch bei anderen Krebsarten wie Brustkrebs konnten Forscher zeigen, dass sich Genmutationen abhängig vom Alter der Patientinnen unterscheiden können.⁴
Solche Studien verdeutlichen noch einmal: Jeder Krebs ist einzigartig – und bedarf einer individuellen Behandlung. Eine Grundlage hierfür ist ein mithilfe einer umfassenden genetischen Tumoranalyse erstelltes Tumorprofil.
Quellen
¹ Ärzteblatt | Darmkrebs: Junge Patienten mit höherem Sterberisiko, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56028/Darmkrebs-Junge-Patienten-mit-hoeherem-Sterberisiko zuletzt abgerufen am 15.01.2021.
² Medscape | Colorectal Cancer and KRAS/BRAF, https://emedicine.medscape.com/article/1690010-overview zuletzt abgerufen am 15.01.2021.
³ nature communications | Comprehensive characterization of RAS mutations, https://www.nature.com/articles/s41467-019-11530-0 zuletzt abgerufen am 15.01.2021.
⁴ Abstracts online | Advanced breast cancer in young women, https://www.researchgate.net/publication/308998637_Breast_cancer_in_young_women zuletzt abgerufen am 15.01.2021.
⁵ Zentrum für Humangenetik und Laboratoriumsdiagnostik, https://www.medizinische-genetik.de/diagnostik/onkologie/pathologie/solide-tumoren/kolonkarzinom-crc zuletzt abgerufen am 25.01.2021
⁶ Darmkrebs - Aktuelle Standards und Perspektiven in der Therapieführung, https://www.karger.com/Article/FullText/500435 zuletzt abgerufen am 25.01.2021
⁷ Ärzteblatt | Darmkrebs: Junge Patienten mit höherem Sterberisiko, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/56028/Darmkrebs-Junge-Patienten-mit-hoeherem-Sterberisiko zuletzt abgerufen am 15.01.2021.
⁸ Foundation Medicine | The Role of Comprehensive Genomic Profiling in Colorectal Cancer, https://www.foundationmedicine.com/blog/the-role-of-comprehensive-genomic-profiling-in-colorectal-cancer zuletzt abgerufen am 15.01.2021.
⁹ Robert Koch Institut | Zentrum für Krebsregisterdaten: Darmkrebs, https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Darmkrebs/darmkrebs_node.html zuletzt abgerufen am 15.01.2021.
¹⁰ https://www.roche.de/ueber-roche/was-wir-bewegen/personalisierte-medizin/biomarker/, zuletzt abgerufen am 15.01.2021.