So unterstützt das Gesundheitsministerium Menschen mit Krebs
Unser Gesundheitssystem wird fortlaufend weiterentwickelt: Mit der Krankenhausreform, dem Klinikatlas und der Digitalisierung soll eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten erreicht werden. Doch was bedeutet das konkret für Menschen mit Krebs?
Bestimmt hast du davon schon gehört: 2015 hat das Gesundheitsministerium ein wichtiges Gesetz auf den Weg gebracht: Das Recht, eine Zweitmeinung zur eigenen Diagnose einzuholen. Sie wird von den Krankenkassen bezahlt und kann in einer spezialisierten Klinik in Anspruch genommen werden. Mit diesem Gesetz kannst du sicher sein, dass die Diagnose und die Behandlungsmöglichkeiten genau überprüft werden.1

Weshalb eine Zweitmeinung für die richtige Diagnosestellung wichtig sein kann, zeigt die Geschichte von Redaktionsmitglied Nils.
Um die gesundheitliche Versorgung noch weiter zu verbessern, bringt das Gesundheitsministerium gerade zahlreiche neue Gesetze auf den Weg. Ein Grund hierfür sind die Schwierigkeiten, die bei der Versorgung Patientinnen und Patienten immer wieder auftreten. Obwohl Deutschland eines der teuersten Gesundheitssysteme in Europa hat, kann man im Alltag nicht immer von Spitzenqualität sprechen.1
Als Krebspatientin oder -patient weißt du: Die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachrichtungen (Onkologie, Radiologie, Chirurgie) spielt bei Tumorerkrankungen eine wichtige Rolle. Wenn zum Beispiel Befunde fehlen oder nicht weitergegeben werden, kann das wertvolle Zeit kosten oder zu ineffizienten Behandlungsplänen führen. Durch die Förderung der digitalen Nutzung von Gesundheitsdaten seitens des Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird zum einen die Zusammenarbeit bei der Krebsbehandlung erleichtert und andererseits die Forschung anhand von riesigen Datenmengen (Big Data) vorangetrieben.
Wohnst du in einem ländlichen Gebiet? Dann hast du vielleicht die Erfahrung gemacht, dass die nächste spezialisierte Klinik mit langen Fahrzeiten verbunden ist. In den Großstädten hingegen ist das Angebot an Kliniken größer und daher die Versorgung häufig besser.2 Dieses Ungleichgewicht soll sich auf nationaler Ebene ändern.
Mit der Krankenhausreform soll es künftig mehr spezialisierte Krankenhäuser geben, die für eine bessere Behandlungsqualität sorgen.3
Ob Stadt oder Land: Gut ausgebildetes onkologisches Fachpersonal ist entscheidend für deine Versorgung. Doch es fehlt an qualifizierten Fachkräften, was zu langen Wartezeiten bei spezialisierten Behandlungen führen kann.2 Das Gesundheitsministerium arbeitet an einem Gesetzentwurf, der medizinischem Pflegepersonal künftig mehr Kompetenzen überträgt. Damit sollen Behandlungs- und Wartezeiten für Patientinnen und Patienten verkürzt werden.
Warum gibt es überhaupt eine Krankenhausreform?
Deutschland hat mit rund 1700 Krankenhäusern die höchste Krankhaus- und Bettendichte in Europa. Das ist natürlich gut – allerdings sind auch Krankenhäuser dazu angehalten, wirtschaftlich zu arbeiten. Derzeit ist etwa ein Drittel der Krankenhausbetten nicht belegt – das wiederum bedeutet, dass sich viele Krankenhäuser wirtschaftlich nicht lohnen. Damit sie nicht schließen müssen, werden Patientinnen und Patienten beispielsweise zu Untersuchungen oder Behandlungen in der Klinik stationär aufgenommen, obwohl diese auch ambulant möglich wären.4
Das soll sich mit der Krankenhausreform ändern: Die wirtschaftliche Lage eines Krankenhauses soll nicht mehr von durchgeführten Behandlungen abhängen. Statt dieser „Fallpauschale“ bekommen Krankenhäuser künftig eine finanzielle Existenzgarantie, selbst wenn sie vergleichsweise wenige Behandlungen anbieten.5 Damit soll es weiter ein gutes Netz von Krankenhäusern geben und die Behandlungsqualität gesichert sein.6
Was bringt die Krankenhausreform für mich?
Mit der Krankenhausreform sollen strenge Qualitätsstandards eingeführt werden, die sicherstellen, dass Krankenhäuser eine gezielte, hochwertige Versorgung anbieten. Nicht jedes Krankenhaus wird diese Qualitätsstandards erfüllen können – das bedeutet, dass kleinere, nicht spezialisierte Kliniken geschlossen werden. Und: Künftig wird nicht mehr jede Klinik alle Leistungen anbieten können. Die einzelnen Bundesländer entscheiden, welche Klinik welche Leistung erbringen soll und investieren entsprechend in die neuen Qualitätsstandards.
Für Menschen mit einer Krebserkrankung ist es immer empfehlenswert, sich in einer spezialisierten Klinik behandeln zu lassen – auch wenn das weitere Anfahrtswege bedeutet.
Mit der Krankenhausreform werden auch zertifizierte Krebszentren, sogenannte NCTs (Nationales Centrum für Tumorerkrankungen) besonders gefördert. Diese Zentren sind in der Regel besser ausgestattet und haben erfahrene Fachleute, die auf verschiedene Krebsarten spezialisiert sind. Sie können Behandlungen nach neusten Forschungsergebnissen und interdisziplinäre Versorgung wie Tumorboards anbieten.
Erfolgreichere Behandlung:
Würden alle Krebspatientinnen und -patienten zur Erstbehandlung in zertifizierte Zentren gehen, könnten pro Jahr 20.404 Lebensjahre gerettet werden. Brustkrebspatientinnen haben eine rund 25 Prozent höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bei Erstbehandlung in einem zertifizierten Zentrum.7
Mehr Fachkräfte in den Kliniken
Mit dem geplanten Abbau von Bürokratie bleibt Ärztinnen, Ärzten und Pflegepersonal mehr Zeit, in der sie sich um die Patientinnen und Patienten kümmern können.
Auch für Pflegende wird sich einiges verändern: Das Kabinett hat am im August 2025 zwei neue Pflegegesetze beschlossen. Das „Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ sowie das Pflegefachassistenzgesetz verabschiedet. Beide Gesetze gelten ab 2026: Pflegepersonal darf künftig auch bestimmte Aufgaben erledigen, die bisher Ärztinnen und Ärzten vorbehalten waren. Bürokratie wird abgebaut und die Dokumentationspflichten werden gesetzlich begrenzt.8 Das Gesundheitsministerium hofft, damit das Berufsbild insgesamt attraktiver zu machen und auch für ausländische Fachkräfte interessant zu sein.
Für dich als Krebspatientin oder Krebspatient kann das bedeuten, dass künftig mehr Ärztinnen, Ärzte, Pflegefachkräfte, Therapeutinnen und Therapeuten zur Verfügung stehen, um deine umfassende Betreuung sicherzustellen.
Was bedeutet die Digitalisierung für mich?
Hast du schon die elektronische Patientenakte (ePA)? Die ePA für alle ist vermutlich die Neuerung, die am deutlichsten die Veränderungen im Gesundheitssystem widerspiegelt: Die Mitglieder deines Behandlungsteams können künftig elektronisch auf deine Patientendaten zugreifen und damit schnelle und koordinierte Entscheidungen treffen. Damit soll unter anderem eine effizientere Behandlungsplanung möglich werden. Patientinnen und Patienten haben ebenfalls Zugriff auf ihre medizinischen Daten und können so gut informiert bei der Wahl der passenden Behandlung mitentscheiden.
Verbesserte Diagnose und Früherkennung
Zur Digitalisierung des Gesundheitssystems gehört auch der Einsatz von modernen Technologien wie der künstlichen Intelligenz (KI). Mit ihrer Hilfe werden Diagnose, Behandlung und Nachsorge effizienter und patientenfreundlicher. Künstliche Intelligenz hilft zum Beispiel bei der Analyse von Bildern: KI-gestützte Systeme können Röntgenbilder, MRTs und CT-Scans schneller und präziser analysieren als herkömmliche Methoden. Dies ermöglicht eine frühere und genauere Erkennung von Tumoren. Die KI-Technik kann auch Muster erkennen, die für menschliche Augen unsichtbar sind, und so die Früherkennung von Krebsarten wie Brust-, Lungen- oder Hautkrebs verbessern.9,10 Der Einsatz von KI zum Beispiel bei Mammographien hat zu mehr Genauigkeit und früherer Erkennung von Tumoren geführt.11
Personalisierte Medizin bei Krebs: Mehr Behandlungsoptionen
Die wichtigste Frage nach einer Krebsdiagnose: Welche Therapie verspricht in meinem Fall die größten Erfolgschancen? Diese Frage lässt sich bei vielen Krebsarten mithilfe einer Tumortestung besser beantworten. Die Digitalisierung ermöglicht umfassende genetische Tests, die helfen, dein spezifisches Krebsprofil zu bestimmen. Basierend auf diesen genetischen Daten können Medikamente und Behandlungen ausgewählt werden, die spezifisch auf die molekularen Eigenschaften eines Tumors abzielen. Auf diese Weise kann Tumortestung dazu beitragen, eine wirksame, effektive und möglichst verträgliche Behandlung für dich zu finden.
Big Data für Forschung und Innovation
Mit dem neuen Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) dürfen vorhandene Patientendaten für die Forschung genutzt werden. Große Mengen an anonymisierten Patientendaten (Real World Data) können künftig analysiert werden, um neue Einblicke in Krebsarten und deren Behandlung zu gewinnen.
Umfangreiche Datenbanken sammeln Informationen über Krebsbetroffene weltweit, die dann für die Entwicklung neuer Behandlungen und zur Verbesserung bestehender Therapien genutzt werden können. Mit jedem einzelnen Datensatz wird das Bild einer Krebserkrankung schärfer: KI-Systeme können auf Basis dieser Datenanalysen Vorhersagen über den Krankheitsverlauf treffen und den besten Behandlungsweg vorschlagen.12
Auch im Bereich der Forschung anhand von klinischen Studien bringt die Digitalisierung Vorteile: Sie ermöglicht, dass in kürzerer Zeit mehr Menschen teilnehmen können, wodurch neue Behandlungsmöglichkeiten schneller getestet werden können.13 Je schneller sie getestet werden, desto schneller können sie bei Krebspatientinnen und -patienten eingesetzt werden – auch das ist ein erklärtes Ziel des Gesundheitsministeriums
Individuelle Versorgung für dich
Diese Reformen betonen die Bedeutung einer individuellen, auf die einzelne Patientin oder den einzelnen Patienten zugeschnittenen Versorgung. Die Kernpunkte:
- personalisierte Medizin
- verbesserte Diagnose
- mehr Behandlungsmöglichkeiten
- der Ausbau der zertifizierten Krebszentren
- und Forschungsergebnisse, die künftig schneller in der Krebstherapie angewendet werden können.
Von diesen Veränderungen, die das Gesundheitsministerium derzeit auf den Weg bringt, profitieren Patientinnen und Patienten ganz konkret.
Hinzu kommt, dass auch dein Behandlungsplan stärker auf deine persönlichen Bedürfnisse und den individuellen Krankheitsverlauf abgestimmt werden kann als bisher. Du kannst dich also aktiv an Entscheidungen beteiligen, die deine Gesundheit betreffen. Hier spricht man von einer gemeinsamen Entscheidungsfindung. Im Englischen hat sich dafür der Begriff „Shared Decision Making“ (SDM) durchgesetzt, im deutschsprachigen Raum sprechen Expertinnen und Experten von Partizipativer Entscheidungsfindung (PEF). Dieses Prinzip ist übrigens auch rechtlich festgeschrieben.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00028090
Quellen
¹ https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheitswesen-deutsches-gesundheitssystem-extrem-teuer-und-doch-nur-mittelmass-1.3903915, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
² https://healthcare-in-europe.com/de/news/onkologen-fordern-versorgungsluecken-schliessen.html, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
³ https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenhaus/krankenhausreform, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.https://www.morgenpost.de/vermischtes/article236702763/krankenhaus-klinik-lauterbach-reform-krankenhausreform.html, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
⁴ https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenhaus/krankenhausreform, zuletzt abgerufen am 5.8.2024.
⁵ Krankenhausreform | BMG (bundesgesundheitsministerium.de), zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
⁶ https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenhaus/krankenhausreform/faq-krankenhausreform.html, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
⁷ https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenhaus/krankenhausreform/faq-krankenhausreform.html, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
⁸ Zwei neue Pflegegesetze beschlossen – Impulse für Praxis, Planung und Ausbildung 7. August 2025 - SozialGestaltung, zuletzt abgerufenn am 18.08.2025
⁹ https://www.iks.fraunhofer.de/de/themen/kuenstliche-intelligenz/kuenstliche-intelligenz-medizin.html, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
¹⁰ https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/ki-krebsdiagnose-100.html, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
¹¹ https://www.springermedizin.de/kuenstliche-intelligenz/burn-out/anwendungen-kuenstlicher-intelligenz-in-der-onkologie-moeglichke/26296724, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
¹² https://www.roche.de/innovation/digitalisierung/big-data-in-der-medizin, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.
¹³ https://www.roche.de/innovation/digitalisierung/big-data-in-der-medizin, zuletzt abgerufen am 05.08.2024.