Krebsdiagnose & Kinderwunsch: Informiert entscheiden
Die Diagnose Krebs kann sich bei Männern und Frauen auf die Fruchtbarkeit auswirken. Wenn du Kinder bekommen möchtest, gibt es verschiedene Möglichkeiten, deine Fruchtbarkeit zu erhalten. Die Entscheidung sollte vor dem Start der Therapie erfolgen. Im Interview berichtet Jessica von ihren Erfahrungen.
Jessica ist 24 Jahre alt, als sie die Diagnose Brustkrebs erhält. Erste Auffälligkeiten in der Brust erschienen zunächst untypisch für eine Krebserkrankung. Eine Biopsie bestätigte den Verdacht und dann ging alles ganz schnell. Neben der Aufklärung zur Art und dem Ablauf der Therapie wurde sie darüber informiert, dass sie sich zur Erhaltung ihrer Fruchtbarkeit beraten lassen sollte, falls sie Kinder bekommen möchte. Dank des guten Zusammenspiels und Engagements von Ärztinnen, Ärzten, Krankenschwestern und Fertilitätszentren konnte sie kurzfristig vor ihrem Therapiebeginn Eizellen einfrieren lassen. Wie es ihr damals und heute damit geht, hat sie uns in einem Gespräch erzählt.
Eine Krebsdiagnose und dann noch das Thema Kinderwunsch… liebe Jessica, wie war das für dich?
Jessica: Ab dem Zeitpunkt der Diagnose war ich sehr emotional. Alles ging sehr schnell, ich musste viel organisieren und Entscheidungen treffen. Es war sehr stressig, aber ich habe mich von meinem Behandlungsteam gut betreut gefühlt. Kurz nach der Diagnose habe ich davon erfahren, dass eine Krebstherapie Auswirkungen auf meine zukünftige Familienplanung haben kann. Ein paar Tage später wurde es in der Klinik nochmal angesprochen und dann hatte ich auch sofort einen Termin in einem Kinderwunschzentrum.
Dort wurden mir die Verfahren erklärt: Entweder Eizellen einfrieren oder Eierstockgewebe einfrieren. Ich habe mich für das Einfrieren von Eizellen entschieden, denn ich hätte ansonsten zu viele Kosten vorstrecken müssen.
Krebsdiagnose und Eizellen einfrieren lassen - in zwei Tagen soll man Entscheidungen für die Zukunft treffen.
- Jessica, Krebspatientin
Heute bin ich ehrlich gesagt immer noch ein bisschen verunsichert zu dem Thema Kinder kriegen. Würde es denn überhaupt klappen? Aktuell soll ich aber sowieso wegen der noch laufenden Hormontherapie warten, aber wenn die Planung für mich relevant wird, würde ich hierzu meinen Arzt kontaktieren.
Welche Fragen hattest du damals?
Jessica: Eigentlich hatte ich keine konkreten Fragen, es fiel mir schwer, darüber zu sprechen. Das Thema war für mich total neu in diesem Moment, ich hatte mich bis dahin noch nicht so viel mit einem Kinderwunsch beschäftigt. Außerdem wirkten die Ärztinnen und Ärzte in den Fertilitätszentren sehr kompetent, ich habe mich da auf sie verlassen.
Ich wollte mich eigentlich auch gar nicht selbst informieren, weil ich Angst hatte, was im Internet steht. Mir war auch unklar, wonach genau ich suchen sollte. Das einzige, an das ich mich erinnern kann, ist, dass ich mich gefragt habe, wie viel der Eingriff kostet und wie ich das bezahlen soll.
WEITERLESEN
Chaos im Kopf? Weiterführende Infos zur Familienplanung mit Krebs findest du hier.
Was hat oder hätte dir geholfen?
Jessica: Die Unterstützung meines Partners hat mir damals sehr geholfen. Er hat mich auch bei den Gesprächen und während der Maßnahme begleitet. Er war eine sehr gute Stütze. Auch das Engagement der Mitarbeitenden im Kinderwunschzentrum war toll! Sie halfen mir zum Beispiel dabei, mit meiner Krankenkasse abzuklären, welche Dokumente und Bewilligungen ich brauche. Sie haben sich dafür eingesetzt, dass ich das schneller erhalte und nicht erst in 2-3 Wochen.
Ansonsten hätte ich mir vor allem mehr Zeit gewünscht. Ich musste so schnell eine Entscheidung zu einer Maßnahme treffen, quasi innerhalb von zwei Tagen über meine Zukunft entscheiden. Mir war zu dem Zeitpunkt nicht klar, welche Angebote es gibt.
MEHR INFO
Die Möglichkeiten, deine Fruchtbarkeit zu erhalten, sind vielfältig. Hier findest du weitere Informationen.
Was wünschst du dir für andere Betroffene?
Jessica: Ich wünsche ihnen mehr Austausch mit und Tipps von Gleichaltrigen und anderen Betroffenen. Noch heute halte ich Kontakt zu meiner Reha-Gruppe, das tut gut. Außerdem wünsche ich zukünftigen Betroffenen, dass sie auch schon bei Verdacht auf Krebs oder Verdacht auf die Vorstufe Krebs frühzeitig informiert werden. Dann haben sie die Chance, sich schon früher mit einem möglichen Kinderwunsch und dem Einfrieren der Eizellen auseinanderzusetzen.
Ein Austausch mit anderen Patientinnen im selben Alter hätte mir geholfen. Zu erfahren, wie sie das gemacht haben.
Jessica, Krebspatientin
Gut informiert entscheiden!
Jessicas Geschichte macht deutlich, wie wichtig es ist, dass die Abläufe zwischen unterschiedlichen medizinischen Stellen möglichst reibungslos funktionieren. Relevante Informationen müssen für Betroffene schnell und gut verständlich transportiert werden. Der Umgang mit bisher unbekannten Fragestellungen unter Zeitdruck erfordert in dieser Zeit eine extra Portion Kraft. Wir wünschen uns, wie auch Jessica, künftig mehr Transparenz zu Angeboten, die es Betroffenen möglich machen, mit anderen jungen Krebspatientinnen und Krebspatienten in Kontakt zu treten. Die Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs bietet u.a. Informationen und die Möglichkeit zur Vernetzung.
Vielen Dank, liebe Jessica, für das Teilen von deinen persönlichen Erfahrungen!
Inhaltlich geprüft: M-DE-00022656