Wechselwirkungen bei Krebstherapien – das solltest du wissen
Wenn verschiedene Medikamente untereinander oder mit bestimmten Lebensmitteln reagieren, kann das ihre Wirkung verändern oder Nebenwirkungen verstärken. Daher ist es wichtig, diese Wechselwirkungen zu kennen. Hier erfährst du, was du beachten solltest.
Nimmst du ein Medikament ein, dann wird in der Packungsbeilage immer auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder mit bestimmten Lebensmitteln (wie z. B. Grapefruitsaft) hingewiesen. Aber Hand aufs Herz: Liest du das immer durch und beachtest die Vorgaben? Die meisten Menschen antworten hier vermutlich mit „Nein“, aber mögliche Wechselwirkungen sollten keinesfalls ignoriert werden.
Gerade bei Krebstherapien – egal wie sie verabreicht werden – kann es entscheidend sein, mögliche Wechselwirkungen zu kennen. Besonders bei oral – also über den Mund – verabreichten Therapien wie Tabletten oder Kapseln ist das besonders wichtig, da sie auf die gleiche Weise eingenommen werden wie Nahrungs(ergänzungs)mittel oder viele andere Medikamente.
Denn bei Krebserkrankungen nimmt eine Patientin oder ein Patient oft nicht nur das Krebsmedikament selbst ein, sondern häufig auch andere Mittel gegen Begleiterkrankungen, Schmerzen oder für das Wohlbefinden. Manches passt gut zusammen – anderes leider nicht. Daher solltest du die Einnahme anderer Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel immer nur in Abstimmung mit deinem Behandlungsteam anwenden.
Was sind eigentlich Wechselwirkungen – und warum sind sie so wichtig?
Wechselwirkung bedeutet, dass zwei oder mehr Substanzen sich gegenseitig beeinflussen. Das kann so aussehen:1,2
- Ein Medikament verstärkt die Wirkung eines anderen (Überdosierung möglich).
- Ein Medikament schwächt die Wirkung eines anderen (Therapie wird weniger wirksam).
- Nebenwirkungen treten stärker auf.
Der körpereigene Stoffwechsel spielt dabei eine entscheidende Rolle: Er ist für die Aufnahme, Verteilung, den Um- oder Abbau und die Ausscheidung von allen Substanzen zuständig – sei es Nahrung (für die Energiegewinnung) oder Medikamente.3,4
Stoffwechsel und Medikamente beeinflussen sich gegenseitig, weswegen die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik bei Medikamenten gründlich untersucht werden müssen.
Die Pharmakokinetik untersucht den Einfluss des Organismus auf Medikamente, wie z. B. die Freisetzung, Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechselung und Ausscheidung.4
Die Pharmakodynamik untersucht den Einfluss von Medikamenten auf den Organismus, wie z. B. den Wirkmechanismus, Wirkort, Abhängigkeit von Dosis und Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen.5
Oral eingenommene Medikamente wirken meist über den Darm, da die Wirkstoffe dort von der Darmschleimhaut aufgenommen und im Körper verteilt werden.6 Für die Ausscheidung sind dann in der Regel die Leber oder die Nieren zuständig.7
Aufgrund des komplexen Zusammenspiels von Stoffwechsel und Medikamentenwirkstoff(en) kann es dazu kommen, dass ein Wirkstoff den anderen beeinflusst und es so bis zu einer mehr als zehnfachen Erhöhung oder Verringerung der eigentlich vorgesehenen Wirksamkeit kommt. Im schlimmsten Fall kann das lebensbedrohliche Folgen haben.8
Doch solche unerwünschten Folgen können ganz einfach vermieden werden: Lese die Packungsbeilage deiner Medikamente gründlich durch und wende dich bei Fragen an dein Behandlungsteam oder an deine Apotheke – und stimme alle weiteren Medikamente oder Ergänzungsmittel mit deiner Ärztin oder deinem Arzt ab.
Medikamente & Begleiterkrankungen: Das große Puzzle
Viele Krebspatientinnen und -patienten nehmen gleichzeitig mehrere Medikamente ein. Das kann unterschiedliche Gründe haben, wie z. B. Schmerzen, Infektionen oder psychische Erkrankungen wie Depressionen. Manche Kombinationen sind unproblematisch, andere riskant. Hier sind ein paar Beispiele:
- Magensäureblocker (Protonenpumpen-Hemmer) senken die Produktion von Magensäure und verhindern so die optimale Aufnahme von Tyrosinkinase-Hemmern.9
- Antibiotika können sich in Kombination mit einigen Krebsmedikamenten (z. B. Zytostatika) gegenseitig verstärken und so die Nieren schädigen.10
- Antidepressiva können die Wirkung bestimmter Krebstherapeutika (z. B. SERM bei Brustkrebs) senken.10
Deswegen ist es wichtig, dass du ALLE zusätzlich eingenommenen Medikamente mit deinem Behandlungsteam besprichst. So können unerwünschte Wechselwirkungen vermieden werden. Wie erfährst du mehr über dein Medikament? Das liest du im Beitrag „Dein Medikament – Infos digital abrufen".
„Natürlich", aber nicht harmlos – kritische Stoffe aus der Küche
Aber nicht nur Medikamente können untereinander zu Wechselwirkungen führen. Auch Nahrungsmittel, Gewürze, pflanzliche Präparate (z. B. Nahrungsergänzungsmittel) und Alkohol können den Medikamentenstoffwechsel beeinflussen:
- Grapefruit hemmt ein bestimmtes Enzym, das der Körper für den Um- und Abbau vieler Medikamente benötigt. Das kann sowohl zu gefährlich hohen Konzentrationen des Wirkstoffs führen (wenn der Abbau blockiert wird) als auch zu einer geringen Konzentration (wenn das Medikament erst umgebaut werden muss, bevor es wirken kann). Deswegen solltest du während einer Krebstherapie den Verzehr von Grapefruit in jeglicher Form vermeiden. Aber auch andere Zitrusfrüchte wie Pomelo, Limette oder Bitterorangen können diesen Effekt haben. Zu „normalen“ Orangen, Zitronen und Mandarinen hingegen gibt es bisher wenig Erkenntnisse.11,12
- Kurkuma kann wie die Grapefruit Enzyme zum Um- und Abbau von Medikamenten beeinflussen und so die Konzentration des Wirkstoffs reduzieren.13
- Johanniskraut kann den Abbau von Zytostatika beschleunigen und so die Wirksamkeit der Therapien herabsetzen.14
- Vitamin C ist ein Antioxidans, welches schädliche freie Radikale einfängt. Im Falle von Krebstherapien werden freie Radikale aber dafür benötigt, Krebszellen zu zerstören. Hochdosiertes Vitamin C kann somit die Wirkung einer Chemotherapieoder einer Bestrahlung verringern.14
- Grüner Tee enthält eine Substanz (EGCG), die die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapien beeinflussen kann.15
- Alkohol kann sowohl die Wirkung von Medikamenten verändern als auch Nebenwirkungen verstärken – abhängig vom Medikament und der Regelmäßigkeit des Alkoholkonsums. Bei älteren Patientinnen und Patienten, die zusätzlich noch weitere Medikamente einnehmen, kann das besonders gefährlich werden.16

Auch fetthaltiges oder ballaststoffreichesEssen kann die Aufnahme eines Wirkstoffes beeinflussen. Abhängig davon, ob ein Medikament auf nüchternen Magen oder mit einer Mahlzeit eingenommen werden soll, kann fettiges Essen die Wirkung verzögern oder beschleunigen. Eine Mahlzeit mit vielen Ballaststoffen verringert in der Regel die Konzentration des Medikaments.12 Deswegen solltest du dich immer an die Vorgaben aus der Packungsbeilage und die Anweisungen deines Behandlungsteams halten, wie ein Medikament einzunehmen ist.
Verlasse dich nicht nur auf das Internet: Google oder eine KI können zwar Hinweise liefern, aber sie ersetzen keine verlässliche Quelle! Seriöse Informationen erhältst du von Websites wie beispielsweise dem Krebsinformationsdienst. Aber auf Nummer sicher gehst du, wenn du mit deinem Behandlungsteam über deine Medikamente sprichst, die Beipackzettel aufmerksam liest oder in deiner Apotheke nachfragst.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, deine Medikamente online in geprüften Tools und Datenbanken einzugeben und dort Wechselwirkungen abzufragen. Dazu gehören:
- DrugBank Online | Drug Interaction Checker
- Drug Interaction Checker – Quickly Check Your Meds
- MedicinesComplete (hier benötigst du einen Account)
Checkliste
Um den Überblick zu behalten und Wechselwirkungen zu vermeiden, kann dir folgende Mini-Checkliste helfen:
- Liste alle Medikamente auf – inklusive aller pflanzlichen Präparate, Nahrungsergänzungsmittel und Hausmittel.
- Optional: Prüfe die Kombination in einer seriösen Datenbank.
- Besprich dich immer mit deinem Behandlungsteam oder frage in deiner Apotheke um Rat.
- Ändere niemals eigenmächtig die Dosis oder das Medikament.
Wechselwirkungen lassen sich vermeiden – wenn du weißt, worauf es ankommt. Fundierte Infos, offene Kommunikation und ein wachsames Auge auf alles, was du einnimmst, geben dir Sicherheit und stärken deine Eigenverantwortung. |
Inhaltlich geprüft: M-DE-00027539
Quellen
¹ https://www.pschyrembel.de/Wechselwirkungen/P0125/doc/, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
² https://www.gelbe-liste.de/arzneimitteltherapiesicherheit/nahrungsmittel-interaktionen, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
³ https://www.sf.mpg.de/2071956/Was-ist-Stoffwechsel_, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
⁴ https://www.pschyrembel.de/Pharmakokinetik/K0GSW/doc/, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
⁵ https://www.pschyrembel.de/Pharmakodynamik/K0GST, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
⁶ Murakami T. Absorption sites of orally administered drugs in the small intestine. Expert Opin Drug Discov. 2017;12(12):1219–1232. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28920464/, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
⁷ Garza AZ et al. Drug Elimination. StatPearls. 2025. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK547662/, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
⁸ Tornio A et al. Clinical Studies on Drug-Drug Interactions Involving Metabolism and Transport: Methodology, Pitfalls, and Interpretation. Clin Pharmacol Ther. 2019;105(6):1345–1361. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30916389/, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
⁹ https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/achtung-wechselwirkung-zielgerichtete-krebstherapie-und-magensaeureblocker, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
¹⁰ https://www.krebsinformationsdienst.de/medikamente-tipps, zuletzt abgerufen am 12.08.2025.
¹¹ https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/zitrusfruechte-und-wechselwirkungen-mit-krebsmedikamenten, zuletzt abgerufen am 13.08.2025.
¹² https://www.gelbe-liste.de/arzneimitteltherapiesicherheit/nahrungsmittel-interaktionen, zuletzt abgerufen am 13.08.2025.
¹³ https://www.krebsinformationsdienst.de/ernaehrung-bei-krebs/nahrungsergaenzungsmittel#c9296, zuletzt abgerufen am 13.08.2025.
¹⁴ https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/gruentee-gegen-krebs, zuletzt abgerufen am 13.08.2025.
¹⁵ https://www.dkfz.de/fileadmin/user_upload/Krebspraevention/Download/pdf/FzA/FzA_2023_Wechselwirkungen-von-Alkohol-mit-Medikamenten.pdf, zuletzt abgerufen am 13.08.2025.