Diagnose: Triple-negativer Brustkrebs
15 bis 20 Prozent der Patientinnen mit neu diagnostiziertem Brustkrebs haben eine besonders aggressive Form, den sogenannten triple-negativen Brustkrebs, kurz TNBC (TNBC steht für "triple negative breast cancer“). Diese Form von Brustkrebs betrifft eher jüngere Patientinnen und gilt als schwierig zu behandeln. Woran liegt das?[1,2]
Brustkrebszellen können verschiedene Merkmale auf ihrer Oberfläche und/oder im Inneren der Zelle tragen. Diese bieten gute Angriffspunkte für zielgerichtete Therapien. Beim triple-negativen Brustkrebs fehlen drei (engl. „triple“ = „dreifach“) entscheidende Merkmale, sodass Therapien, die darauf abzielen, oft nicht wirken können.3
Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs
Zu den Merkmalen, die Brustkrebszellen auf ihrer Oberfläche und/oder im Zellinneren tragen können, gehören verschiedene Bindungsstellen, sogenannte Rezeptoren. An diese Bindungsstellen können Stoffe – sogenannte Liganden – wie beispielsweise körpereigene Hormone und Wachstumsfaktoren andocken .
Drei Rezeptortypen spielen eine entscheidende Rolle bei der Therapiewahl: Die beiden Hormonrezeptoren für die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron sowie der Wachstumsfaktorrezeptor HER2 (humaner epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor Typ 2).4
Diese drei Rezeptortypen werden bei Brustkrebs routinemäßig als Biomarker bestimmt, da gegen sie gerichtete Therapien zur Verfügung stehen: Befinden sich auf den Brustkrebszellen beispielweise Hormonrezeptoren, kann der Tumor hormonabhängig wachsen und eine Antihormontherapie demnach das Tumorwachstum stoppen. Befinden sich HER2-Rezeptoren auf den Krebszellen, kann eine gegen HER2 gerichtete Antikörpertherapie den Tumor bekämpfen.5,6
Triple-negativ: Wichtige Angriffspunkte fehlen
Die Krebszellen des triple-negativen Brustkrebs bilden weder Rezeptoren für die Hormone Östrogen und Progesteron aus, noch ist HER2 ausgeprägt vorhanden. Daher sind hier Antihormontherapien und gegen HER2 gerichtete Antikörpertherapien wirkungslos. Aufgrund des Fehlens der drei potenziellen Zielstrukturen bezeichnet man solche Tumoren als Hormonrezeptor-negativ und HER2-negativ oder als triple-negativ.
Besonders im fortgeschrittenen Stadium ist triple-negativer Brustkrebs bisher schwer zu behandeln. Zum Einsatz kommt meist eine Chemotherapie, auch in Kombination mit einem Angiogenesehemmer (von altgriechisch ángos für „Gefäß“ und génesis für „Entstehung“). Diese Wirkstoffe hemmen die Bildung von neuen Blutgefäßen zum Tumor und unterbinden so dessen Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen; der Tumor wird also „ausgehungert“.7
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die Krebsimmuntherapie. Sie richtet sich beim metastasierten Brustkrebs gegen ein Merkmal auf den Tumor- und Immunzellen, das sogenannte PD-L1. PD-L1 kann zum einen dafür sorgen, dass das Immunsystem unterdrückt wird, um ungewollte Auto-Immunreaktionen des Körpers zu verhindern. Zum anderen nutzen Krebszellen diese Funktion aus, um die Abwehrzellen des Immunsystems daran zu hindern, sie zu erkennen und anzugreifen. Durch die Krebsimmuntherapie kann das Immunsystem wieder in die Lage versetzt werden, Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen. Eine Krebsimmuntherapie mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren kann seit 2019 in Kombination mit einer Chemotherapie beim triple-negativen Brustkrebs eingesetzt werden, der lokal fortgeschritten oder metastasiert ist oder der nicht operiert werden kann.8
Schäden im Erbgut von Zellen entstehen unter anderem durch den Einsatz von Chemotherapeutika oder vor allem auch in Krebszellen bei der Zellteilung. Diese Schädigungen können von Zellen über verschiedene Mechanismen wieder repariert werden. Dabei sind z.B. körpereigene Enzyme, die als PARPs (Poly-(ADP-Ribose-) Polymerasen) bezeichnet werden, beteiligt. Bei erblich bedingtem triple-negativem Brustkrebs mit Mutationen in bestimmten Genen (BRCA1/2) können Hemmstoffe eingesetzt werden, die die Aktivität dieser PARPs blockieren. Während gesunde Zellen Schäden ihres Erbguts daraufhin durch einen alternativen Mechanismus reparieren können, ist dieser Weg bei Zellen mit einer Mutation im BRCA-Gen gestört. Dadurch können Krebszellen DNA-Schäden nicht mehr adäquat reparieren und ein Selbstmord-Programm, die sogenannte Apoptose, wird eingeleitet und der Tumor kann sich zurückbilden.9
Inhaltlich geprüft: M-DE-00015416
Quellen
¹ https://flexikon.doccheck.com/de/TNBC, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
² https://www.ukaachen.de/alle-beitraege-aus-news/news/deutsche-krebshilfe-foerdert-forschungsprojekt-zum-triple-negativen-brustkrebs-mit-rund-370-000-euro/, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
³ https://flexikon.doccheck.com/de/TNBC, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
⁴ https://flexikon.doccheck.com/de/TNBC, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
⁵ https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/brustkrebs/hormontherapie.php, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
⁶ https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/therapie/molekularbiologische-therapie.html, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
⁷ https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/therapie/molekularbiologische-therapie.html, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
⁸ https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/therapie/molekularbiologische-therapie.html, zuletzt abgerufen am 21.12.2022
⁹ https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/therapie/molekularbiologische-therapie.html, zuletzt abgerufen am 21.12.2022