Fakten rund um das Immunsystem für Krebspatienten
Die Krebsimmuntherapie umfasst einige neue Therapieformen gegen Krebs, die Patientinnen und Patienten Anlass zu großen Hoffnungen geben. Um die Wirkweise und das Besondere dieser neuen Präparate zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf ihren Wirkungsort: das Immunsystem des Menschen.
Was ist das Immunsystem?
Das Immunsystem umfasst eine Vielzahl von Organen, Geweben und Zelltypen, die alle ein Ziel verfolgen: die Abwehr von Krankheitserregern (Pathogenen) oder ganz allgemein von allem, was im Organismus Schaden anrichten kann – dazu zählen auch krankhaft veränderte oder zu alt gewordene Zellen deines Körpers. Das Immunsystem arbeitet auf allen Ebenen: angefangen beim größten Organ, der Haut, bis zu den kleinsten Funktionseinheiten des Körpers, den Zellen. Diese Vielschichtigkeit ist das Erfolgsrezept des Immunsystems.1 Welche Rolle es bei modernen Krebstherapien spielt, erfährst du hier.
Ist Immunsystem gleich Immunsystem?
Nein! Zwar hat jeder Mensch eine gewisse Grundausstattung von Geburt an, zum Beispiel Makrophagen, Granulozyten, dendritische Zellen, natürliche Killerzellen, aber auchZytokine und Lysozym. Diese Bestandteile richten sich gegen alle eindringenden Erreger und werden somit als angeborenes oder unspezifisches Immunsystem bezeichnet. Im Laufe des Lebens lernen jedoch bestimmte Zellen des Immunsystems mit jeder durchgemachten Infektion dazu.1
So arbeiten zum Beispiel zytotoxische T-Zellen sowie Antikörper sehr präzise: Sie richten sich passgenau gegen einzelne Erreger. Doch mit diesen muss der Körper erst einmal persönlich Bekanntschaft gemacht haben. Nach einer Infektion speichern hierzu Gedächtniszellen Informationen über den Erreger ab: Das Immunsystem legt also mit der Zeit eine Art individuelles Lexikon an. Darauf kann es bei einem erneuten Angriff zugreifen und schnell reagieren – Der Körper kann dadurch gegen Krankheiten sogar "immun" werden. Fachleute nennen dieses Vorgehen des Körpers erworbene, beziehungsweise spezifische Immunantwort. Dein Immunsystem „kann“ also andere Sachen als das deiner Verwandten oder deiner Freundinnen und Freunde.1
Aufgaben des Immunsystems
Der erste Schutz vor Umwelteinflüssen – und damit auch Krankheitserregern – ist die Haut: Zusammen mit den Schleimhäuten von Mund, Nase, Magen und Darm bildet sie eine mechanische Barriere, die die meisten Erreger einfach aussperrt. Doch die Haut ist nicht nur ein passiver Schutzschild: Ihr saurer pH-Wert schafft zudem eine lebensfeindliche Umgebung, die für viele Erreger tödlich ist. Das Gleiche gilt für den sehr sauren Magensaft: Dieser verhindert in vielen Fällen, dass Krankheitserreger in den Darm und somit potentiell in die Blutbahn gelangen. Es ist für Krankheitserreger also gar nicht so leicht, sich Zutritt zu deinem Körper zu verschaffen! Dennoch schaffen es manche Keime, einzudringen. In diesem Fall setzt das Immunsystem eine Vielzahl von Reaktionen in Gang, um den Eindringlingen schnell und zuverlässig den Garaus zu machen.1
Abwehr des Immunsystems
Gestern noch mit Erkältung im Bett, heute schon wieder auf den Beinen. Hast du dich schon einmal gefragt, was das „Geheimnis“ deines Körpers ist, warum du oft so schnell wieder gesund wirst? Unser Immunsystem leistet echte Schwerstarbeit bei der Bekämpfung unerwünschter Eindringlinge. Eine ganz zentrale Rolle dabei spielen die zahlreichen verschiedenen Zellen, von denen jede eine bestimmte Aufgabe erfüllt.1
Kleine Spezialisten – große Wirkung: Die zelluläre Immunabwehr
Bei der Abwehr des Immunsystems wird zwischen der zellulären und humoralen Immunabwehr unterschieden. Handelt es sich dabei nicht um bestimmte Stoffe, die der Körper aussendet, sondern um Zellen selbst, ist die Rede von zellulärer Immunabwehr.
Bei der zellulären Abwehr kümmern sich verschiedene Arten weißer Blutkörperchen (Leukozyten) um die Bekämpfung und Entsorgung der Erreger. Die verschiedenen Typen von Immunzellen sind dabei echte Spezialisten, jeder hat seine feste Aufgabe:
Die Gruppe der T-Lymphozyten ist ein Meister in Sachen Arbeitsteilung. Die einzelnen Zellen übernehmen zusammen eine ganze Fülle an Aufgaben: T-Helferzellen aktivieren verschiedene Immunzellen, T-Gedächtniszellen speichern Informationen zu Erregern, zytotoxische T-Zellen zerstören befallene oder kranke Körperzellen, regulatorische T-Zellen hemmen andere T-Zellen und verhindern somit eine überschießende Immunreaktion. T-Lymphozyten nehmen somit eine zentrale Rolle für das Immunsystem ein.2
Makrophagen stellen eine Art körpereigene Müllabfuhr dar. Als „Fresszellen“ (Phagozyten) können sie Krankheitserreger oder davon befallene Körperzellen aufnehmen – im Grunde „auffressen“. Gleichzeitig „alarmieren“ sie andere Zellen des Immunsystems, die sich dadurch zur Abwehr bereit machen.2
Dendritische Zellen sind ebenfalls Fresszellen und übernehmen die Schlüsselrolle des „Informanten“. An ihrer Oberfläche verraten sie über sogenannte Antigene, welche Erreger sie aufgenommen haben. Lymphozyten können diese Informationen auslesen und sich daraufhin an die Bekämpfung des Erregers machen.2
Granulozyten wirken als Fresszellen nicht nur selbst gegen die Eindringlinge, sondern helfen auch dabei, die Abwehr zu koordinieren. Sie enthalten Bläschen (Granula) mit Stoffen, die im Kampf gegen Bakterien und Parasiten wichtig sind. Bei Entzündungsreaktionen unterstützen sie dabei, Signale im Körper zu übertragen.2
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) machen ihrem Namen alle Ehre: Sie greifen Körperzellen an, die von Viren befallen oder auf andere Art krankhaft verändert sind und vernichten sie. Dies gilt auch für Krebszellen – sofern NK-Zellen sie als solche erkennen.2
B-Lymphozyten lassen sich in zwei Untergruppen teilen: Plasmazellen bilden zur Bekämpfung von Erregern spezifische Antikörper. Diese funktionieren wie »Pfeile«, mit denen die Plasmazellen schießen. Das System ist dabei äußerst ausgeklügelt: Antikörper sind maßgeschneiderte Moleküle, die genau zum aktuellen Erreger passen. Gedächtniszellen speichern Informationen über den Erreger und können bei einer erneuten Infektion schnell die Abwehr in Gang setzen. Auch für unser Immunsystem gilt also: Erfahrung machtklug!2
Mastzellen geben chemische Botenstoffe ab, die in der Immunabwehr unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Ein Beispiel dafür ist der Botenstoff Histamin: Er steuert im Rahmen der Immunabwehr Entzündungsreaktionen. Ein Zuviel an Histamin kennt jeder, der schon einmal allergisch reagiert hat: Niesen, Tränen, Hautausschlag – ganz schön wirksame Waffen, zu denen Mastzellen da greifen!
Fachbegriffe rund um das Immunsystem einfach erklärt
Humorale Immunabwehr
Die sogenannte humorale Abwehr besteht nicht aus Zellen, sondern aus verschiedenen Botenstoffen. Sie kommen in Blut und Lymphe vor („Humor“ ist Lateinisch und bedeutet „Körperflüssigkeit“). Die Bestandteile der humoralen Abwehr sind echte Multitalente: Manche übermitteln Botschaften zwischen Immunzellen und stellen dadurch sicher, dass beim Kampf gegen Eindringlinge alles nach Plan läuft. Andere nehmen die Abwehr in die eigene Hand: Sie können selbst Erreger angreifen und sie zerstören.3
Zytokine
Zytokine „kommunizieren“ mit den körpereigenen Zellen und weisen sie an, bestimmte, für die Abwehr benötigte Stoffe, zu produzieren. Zu den Zytokinen gehören vor allem die Interferone und die Interleukine. Erstere können den Zellen „befehlen“, Proteine herzustellen, die sie widerstandsfähiger gegen virenbedingte Infektionen machen. Interferone werden auch als Arzneimittel eingesetzt, zum Beispiel bei chronischen viralen Leberentzündungen. Außerdem wirken Interferone antitumoral bei Krebserkrankungen. Interleukine steuern dagegen die Kommunikation von Immunzellen untereinander und sorgen so für eine koordinierte Abwehr von Krankheitserregern und Tumorzellen.3
Lysozym
Lysozym ist ein körpereigenes Enzym, das zum Beispiel in Speichel, Nasensekret, Tränenflüssigkeit und Schweiß vorkommt. Lysozym wirkt antibakteriell – es greift die Zellwände von Bakterien an und löstsie auf.3
Komplementsystem
Rund 30 Proteine bilden das sogenannte Komplementsystem. Ihre Aufgabe ist es, die Oberfläche von Krankheitserregern zu bedecken, damit die Fresszellen auch solche Eindringlinge erkennen, die sie sonst „übersehen“ würden. Außerdem locken bestimmte Proteinfragmente weitere Fresszellen zum Ort des Geschehens. Das Komplementsystem kann zudem Entzündungsprozesse verursachen und damit die Abwehr von Krankheitserregern unterstützen. Einige der Proteine wirken sogar direkt gegen Bakterien, indem sie deren Zellmembranangreifen.3
Antikörper/Immunglobuline
Antikörper, auch Immunglobuline genannt, sind Proteine, die sich an Fremdstoffe (Antigene) im Körper „andocken“. So markiert, sind die Fremdstoffe für natürliche Killerzellen erkennbar und können von diesen zerstört werden. Antikörper werden von Plasmazellen gebildet und zwar so, dass sie exakt an die Oberflächenstruktur der Eindringlinge angepasst sind.3
Gut zu wissen
Ein Knochenjob: das Immunsystem besteht aus einer ganzen Reihe verschiedener Zelltypen, wie natürliche Killerzellen, T-Zellen, antigenpräsentierende Zellen und anderen. Sie alle entspringen aber ein und demselben Typ Stammzellen. Diese befinden sich im Knochenmark, sozusagen der „Kinderstube“ des Immunsystems.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00017953
Quellen
¹ https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/grundlagen/immunsystem.php, zuletzt abgerufen am 16.05.2023
² https://das-immunsystem.de/wissenswertes/die-menschlichen-immunzellen/, zuletzt abgerufen am 16.05.2023
³ https://www.pschyrembel.de/, zuletzt abgerufen am 16.05.2023