Watch and Wait: Aktives Warten und Beobachten beim Lymphom
Watch and Wait bedeutet übersetzt so viel wie „Beobachten und Abwarten“. Schlägt das Ärzteteam den Lymphompatientinnen und -patienten diese Therapiestrategie vor, fragen sich diese oftmals: „Abwarten? Sollte ich das bei Krebs wirklich tun?“
Wann kann diese Strategie sinnvoll sein und für wen kommt sie infrage?
Was bedeutet „Watch and Wait” bei Krebs?
Lymphom-Erkrankungen können sehr unterschiedlich sein. Dementsprechend verschieden sind auch die infrage kommenden Behandlungsmöglichkeiten – abhängig von Art, Verlauf und Stadium der Krebserkrankung. Eine davon ist das sogenannte „Watch and Wait“ – das aktive Warten und Beobachten. Bei dieser Therapieoption führt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt regelmäßige Kontrollen durch, ohne dass Patientinnen oder Patienten eine Behandlung wie beispielsweise eine Strahlen-, Chemo- oder Antikörpertherapie bekommen. Erst wenn die Erkrankung fortschreitet, wird eine entsprechende Therapie verordnet, um den Krebs aktiv zu behandeln.
Wann wird „Watch and Wait” angewendet?
Bei welchen Lymphom-Arten ist diese besondere Strategie sinnvoll? Die Behandlung eines Lymphoms ist immer davon abhängig, wie schnell es fortschreitet. Selbstverständlich empfiehlt das Ärzteteam die „Watch and Wait“-Strategie nur bei Lymphom-Erkrankungen, bei denen es medizinisch sinnvoll ist. Dazu gehören die langsam fortschreitenden (indolenten) Formen wie die chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und das follikuläre Lymphom (FL). Bei diesen langsam fortschreitenden Lymphomen gibt es keine Vorteile für Betroffene wenn sie früher behandelt werden.1
Bei schnell fortschreitenden, aggressiven Formen, wie dem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL), ist jedoch ein schneller Therapiebeginn nötig. Für diese Art der Lymphome ist die „Watch and Wait“-Strategie deshalb ungeeignet.
Was sind die Vor- und Nachteile von „Watch and Wait”?
Wenn Patientinnen oder Patienten also an einer CLL oder an einem FL erkrankt sind, ist Beobachten und Abwarten eine Therapieoption. Doch welche Möglichkeiten und Risiken sind mit dieser Strategie verbunden?
Ein großer Vorteil sind die ausbleibenden Nebenwirkungen, die Krebstherapien mit sich bringen.
Mit „Watch and Wait“ verzichtet das Ärzteteam bewusst auf den Einsatz einer Therapie, um der Patientin oder dem Patienten mögliche Nebenwirkungen zu ersparen.
Ein Nachteil ist jedoch eine mögliche psychische Belastung und somit eine Einschränkung der Lebensqualität. Denn für viele Betroffene ist das scheinbare Nichtstun eine große psychische Herausforderung. Wobei diese Wahrnehmung nicht der Wirklichkeit entspricht, da das Ärzteteam das Lymphom genauestens im Auge behält und deshalb sofort einschreiten und mit einer Therapie beginnen kann, sollte die Erkrankung fortschreiten und sich der Zustand der Patientin oder des Patienten verschlechtern.
Um dieses Risiko zu umgehen, ist es wichtig, dass Patientinnen und Patienten ihre Sorgen und Ängste von Beginn an offen schildern. Nur so kann das Behandlungsteam darauf eingehen und den Betroffenen die Befürchtungen nehmen. Am besten besprichst du gemeinsam mit deinem Ärztteam, welche Therapieoptionen es gibt und welche Vorteile und Risiken sie beinhalten. Dann könnt ihr gemeinsam eine Entscheidung zur Behandlungsstrategie treffen.
„Watch and Wait“ bei Chronisch lymphatischer Leukämie (CLL)
Lautet die Diagnose CLL, empfehlen Ärztinnen und Ärzte fast immer zuerst die „Watch and Wait“-Strategie – vorausgesetzt, die Patientinnen und Patienten zeigen keine Symptome. Das kommt häufig vor, da die CLL in der Regel nur langsam fortschreitet und es deshalb meist auch über längere Zeit nicht zu Symptomen kommt.
Erst wenn Symptome auftreten oder die CLL fortschreitet, greifen Ärztinnen und Ärzte auf Behandlungsmöglichkeiten wie Antikörper- und Chemotherapie zurück, um die Erkrankung aktiv zu bekämpfen.
„Watch and Wait” beim Follikulären Lymphom (FL)
Auch das FL ist ein langsam fortschreitendes Lymphom. Hierbei hängt die Therapiestrategie vom Stadium und möglichen Symptomen der Erkrankung ab. In den frühen Stadien (I und II) machen sich meist keine Symptome bemerkbar, dann kann eine Watch and Wait-Strategie empfohlen werden.2 Kommt eine Strahlen- oder Chemotherapie vielleicht aufgrund von Vorerkrankungen nicht infrage, kann ebenfalls die „Watch and Wait“-Strategie zur Anwendung kommen. In den höheren Stadien III und IV ist „Watch and Wait“ empfohlen, wenn die Patientin oder der Patient keine Symptome hat und die Tumorlast niedrig ist.3
Die Tumorlast ist ein Maß für die Anzahl an Krebszellen im Körper.
Eine Therapie wird erst dann eingeleitet, wenn Patientinnen oder Patienten Symptome entwickeln und das FL weiter fortschreitet. Dann greifen Ärztinnen und Ärzte – abhängig vom Allgemeinzustand der Patientin oder des Patienten – in der Regel auf eine Antikörper- und eine Chemotherapie zurück.4
Regelmäßige Kontrollen sorgen für Sicherheit
Die Entscheidung kann auf die Strategie „Watch and Wait“ fallen, wenn die Risiken durch mögliche Nebenwirkungen im individuellen Fall den zu erwartenden Nutzen der Therapie für die Betroffenen überwiegen.
Nach der Diagnose einer Lymphom-Erkrankung ist es nicht immer nötig, zeitnah eine Krebsbehandlung zu beginnen. Verursacht die Erkrankung keine Symptome und schreitet sie langsam fort, kann Beobachten und Abwarten die Option der Wahl sein. In diesen Fällen hat in Studien eine frühe Behandlung keine Verbesserung des Krankheitsverlaufs gezeigt. Die Prognose verschlechtert sich also nicht, wenn sich das Ärzteteam und Patientinnen oder Patienten für „Watch and Wait“ entscheiden.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00014561
Quellen
¹ https://www.faz.net/asv/disease-interception/maligne-lymphome-entwicklungen-in-der-therapie-15799749.html, zuletzt abgerufen am 23.9.2022
² https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/018-033OLl_S3_Follikulaeres_Lymphom_2020-06.pdf, S.76, zuletzt abgerufen am 23.9.2022
³ https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/follikulaeres-lymphom/@@guideline/html/index.html#ID0EGNAC, zuletzt abgerufen am 23.9.2022
⁴ https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/follikulaeres-lymphom/@@guideline/html/index.html#ID0EGNAC, S.83, zuletzt abgerufen am 23.09.2022