Diagnose Krebs: Was bei Überforderung hilft
Die Diagnose Krebs stürzt nicht nur die Betroffenen ins Gefühlschaos. Auch Freunde und Familie erleben mit, wenn es ihren Liebsten während der Therapie schlecht geht. Sie wollen helfen und sind gleichzeitig selbst überfordert mit der Situation – dann brauchen die Pflegenden neue Kraft.
Oft ist es der:die Partner:in, der:die seine:n Liebste:n zu verschiedenen Ärzt:innen begleitet … stundenlang mit im Wartezimmer sitzt, gemeinsam, Seite an Seite besorgt auf Untersuchungsergebnisse wartet … die Ergebnisse im Internet recherchiert, mit der Krankenkasse telefoniert, die Einkäufe tätigt, sonstige Besorgungen erledigt und sich darum kümmert, dass Haushalt und Alltag weiterlaufen.
Das ist ganz schön viel, was man plötzlich alles zusätzlich meistern soll. Zu den zahlreichen praktischen Aufgaben kommen die emotionalen Belastungen hinzu: Tränen trocknen, Verzweiflung aushalten, Mut machen – und vor allem: Stark sein füreinander … Und das manchmal über einen langen, ungewissen Zeitraum. Kein Wunder, wenn diese Herausforderungen zu einem Gefühl der Überforderung bei pflegenden Angehörigen führen.
Überforderung macht krank
Das Forschungsprojekt ZipA liefert dazu deutliche Zahlen: Viele der Befragten fühlen sich durch die Pflege von Krebspatient:innen stark bis sehr stark belastet (68 %).1 Mehr als die Hälfte fühlt sich durch die Pflege körperlich überfordert und leidet gesundheitlich. Pflegende Angehörige haben ein erhöhtes Risiko für depressive Verstimmungen.2 Neben psychischen Anzeichen können sich aber auch körperliche Symptome entwickeln, deren Ursache unter Umständen schwieriger zuzuordnen sein kann:2
- Probleme beim Ein- oder Durchschlafen
- Schmerzen im Kopf, Nacken oder Rücken
- Magen-Darm-Beschwerden
- Appetitverlust oder starke -zunahme
- Hautirritationen
- Engegefühl im Brustraum
- Herzrasen sowie -schmerzen
- Geschwächtes Immunsystem mit häufigen Infekten als Folge.
Wichtig für Menschen, die Krebspatient:innen pflegen, ist: sich über die Bedeutung und Berechtigung der eigenen Gesundheit bewusst zu werden – und die eigenen Bedürfnisse nicht komplett zurückzustellen.3 Nicht ohne Grund gibt es spezialisierte Fachkräfte, die bei der Bewältigung außergewöhnlicher – sowie alltäglicher – Herausforderungen zur Seite stehen. Psychologische Beratung kann eine hilfreiche Unterstützung sein.2
Auszeiten und Freiräume sind wichtig
Ist jemand an Krebs erkrankt, kümmern sich zahlreiche Ärzt:innen und Pflegekräfte, auch Freund:innen und Verwandte sorgen sich und fragen regelmäßig nach dem Wohlbefinden. Doch die nächsten Angehörigen können mitunter hilflos außenvorstehen. Umso schöner, wenn einfach mal ein:e Freund:in vor der Tür steht und dazu aufmuntert, mit ins Fitnessstudio zu gehen. Oder zum klassischen Jungs- oder Mädelsabend eingeladen zu werden. Oder sogar selbst dazu einzuladen. Alles, was Normalität zurückbringt, gibt nicht nur Betroffenen, sondern auch den Angehörigen Kraft – dadurch profitieren alle Beteiligten.
Jede:r braucht Auszeiten, um auf andere Gedanken zu kommen und wieder neue Kraft zu sammeln. Ein Treffen mit gemeinsamen Freund:innen bringt auch neue Impulse und Gedanken in den gemeinsamen Alltag. Das tut allen Beteiligten sowie eurer Beziehung gut. Schließlich wollt ihr als Team noch viel erleben.
Unterstützung für Angehörige
Oft sind Gespräche mit Außenstehenden wichtige Momente, die dich und deine:n Liebsten entlasten können. Dein:e Hausärzt:in kann dich über Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige informieren. Auch Selbsthilfegruppen für Patient:innen und Angehörige können ein wichtiger Ausgleich sein und wertvolle Anregungen geben. Sie haben in der Regel viel Erfahrung, die sie gerne weitergeben. Auch Klinikberatungsstellen können weiterhelfen. Der psychoonkologische Dienst ist nicht nur für Betroffene da, sondern auch für Angehörige. Er ist kostenlos und wird zum Beispiel in von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Krebskliniken oder auch in Rehabilitationskliniken angeboten. Adressen findest du beim Krebsinformationsdienst.
Rechtzeitige Entlastung und Unterstützung kann das Auftreten von Überforderung und Erkrankungen bei pflegenden Angehörigen verhindern.2 Nur wer selbst gesund ist, kann die nötige Hilfestellung im Alltag auf Dauer leisten.
Unter Umständen hast du Anspruch auf häusliche Krankenpflege. Deine Krankenkasse hilft dir hier gerne weiter. Da bei der häuslichen Pflege viele Dienstleister Hand in Hand arbeiten, ist es sinnvoll, sich beim Antrag professionell helfen zu lassen, zum Beispiel von einem Kliniksozialdienst. Er ermittelt, welche Ansprüche bestehen und hilft auch bei der Antragstellung. Um dich vor Ort zu Unterstützungsangeboten für pflegende Angehörige beraten zu lassen, kannst du in der bundesweiten Datenbank Ansprechpartner:innen in deiner Nähe finden.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00022932
Quellen
¹ www.angehoerigenpflege.info/bericht/, zuletzt abgerufen am 30.06.2022
² https://www.bagso.de/publikationen/ratgeber/entlastung-fuer-die-seele/, zuletzt abgerufen am 30.06.2022
³ https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/alles-fuer-pflegende-angehoerige/hilfe-fuer-pflegende-angehoerige-1392, zuletzt abgerufen am 30.06.2022