Kneipp-Therapie bei Krebs: Wie Wasser wirkt
Die wohltuende Wirkung von Wärme oder Kälte kennen wir gut aus unserem Alltag: Wir lindern Bauchschmerzen mit einer Wärmflasche, kühlen Prellungen mit einem Eisbeutel. Schon vor 150 Jahren hat Sebastian Kneipp die Thermotherapie entwickelt – und auch Menschen mit Krebs können davon profitieren.
Der Begriff „Kneippen“ gehört seit vielen Jahrzehnten zum alltäglichen Sprachgebrauch. Gemeint ist damit vor allem Wassertreten in kalten Bächen, aber auch Wickel und Bäder mit kaltem oder warmem Wasser. Kneipp-Kuren gehören in zahlreichen Rehabilitationseinrichtungen und Kurkliniken zum Programm. Auch zuhause nutzen viele Menschen die heilende Wirkung des Wassers, um Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Durchblutungsstörungen zu linden, die Abwehrkräfte zu stärken und den Kreislauf anzukurbeln.1
Seine Vielseitigkeit ist es, die Wasser zu einem solch universellen Heilmittel macht. Es wirkt von innen und von außen, flüssig, als Dampf oder Eis.
- Sebastian Kneipp
Kneippen als ganzheitlicher Ansatz
Sebastian Kneipp (1821 – 1897) entwickelte ein ganzheitliches Therapiekonzept, das die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützen soll. Es umfasst die Elemente
- Wasser
- Bewegung
- Lebensordnung
- Ernährung
- Heilpflanzen
Kern seiner Lehre ist eine maßvolle, gesunde Lebensweise und die Überzeugung, dass „jedes Zuviel und jedes Zuwenig an Stelle der Gesundheit Krankheit setzt“. Körper, Seele und Geist sollen in Einklang gebracht werden.2 Dahinter steht die Erkenntnis, dass ein wirksames Immunsystem, umfassende körperliche Fitness und eine überdurchschnittliche Stressresistenz die Selbstheilungskräfte anregt und die Widerstandsfähigkeit stärkt.2
Auch Krebsbetroffene können von der Kneipp‘schen Lehre profitieren.
Wissenschaftlich nachgewiesen
Die Naturmedizin nach Sebastian Kneipp wurde schon häufig in wissenschaftlichen Artikeln beschrieben. Eine Studie hat nun alle diese Ergebnisse systematisch bewertet und kommt zu dem Ergebnis, dass nach einer Kneipp-Therapie signifikante Verbesserungen bei Menschen mit funktionsschwachen Organen, erhöhtem Blutdruck, leichter Herzschwäche, Wechseljahresbeschwerden und Schlafstörungen festgestellt werden konnten. Symptome wie polyneuropathische Beschwerden, Schmerzen und Sodbrennen, die nach einer Chemotherapie auftreten können, wurden gelindert.
Auch die Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlbefindens wurde bei verschiedenen Studienteilnehmenden nachgewiesen. Die Schlussfolgerung der Forschenden: Die Kneipp-Therapie scheint bei zahlreichen Beschwerden positive Effekte zu bewirken.3
Heilkraft des Wassers in der Krebstherapie nutzen
Die Kneipp‘sche Wassertherapie umfasst über 100 verschiedene Anwendungen. Dazu gehören kalte und warme Güsse, Umschläge, Wickel und Ganz- oder Teilkörper-Bäder. Die Wasseranwendungen stimulieren mit ihren Kälte- oder Wärmereizen das Nervensystem und können so die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützen.
Wie das Wasser wirkt, hängt von der Temperatur ab.4 Warmes Wasser weitet die Gefäße und entspannt die Muskulatur. Du kommst zur Ruhe, Stress und Anspannung lassen nach, was auch schlaffördernd wirkt. Kaltes Wasser bewirkt dagegen, dass sich die Gefäße zusammenziehen. Diese Abwehrreaktion des Körpers soll ein Auskühlen verhindern. Der Kältereiz verbessert die Durchblutung und wirkt zum Beispiel lindernd bei Schmerzen. Werden kalte Güsse, Wickel oder Bäder regelmäßig angewendet, nimmt die Kälteempfindlichkeit mit der Zeit ab, während sich die Abwehrkraft verbessen kann.5
Wohltuende Wickel, Güsse und Bäder
- Knieguss: regt die Durchblutung an und fördert das Einschlafen
- Leberwickel: unterstützen das Stoffwechselorgan6
- Wechselarmguss: stärkt die Immunabwehr, wirkt anregend und vertreibt Müdigkeit
- Wechselfußbad: hilft bei Kopfschmerzen, fördert die Durchblutung und das Einschlafen.
Anleitungen für weitere Kneipp-Anwendungen findest du zum Beispiel im Blog des deutschen Kneipp-Verbands.
- Sanfte Reize wecken die Lebenskräfte
- Mittlere Reize stärken die Lebenskräfte
- Allzu starke Reize können schaden, denn sie
schwächen den Organismus
- Sebastian Kneipp
Auf den Reiz kommt es an
Für welche Anwendung du dich entscheidest, hängt auch von deiner körperlichen Verfassung ab. Denn die einzelnen Verfahren üben unterschiedlich starke Reize aus. Wer sehr geschwächt und empfindlich ist, sollte sich deshalb – wenn überhaupt – nur sanften Stimulierungen aussetzen. Nach Kneipp gehören zum Beispiel Güsse für Arme oder Beine zu den schwachen Reizen. Mittelstarke Reize erzeugt zum Beispiel das bekannte Wassertreten. Zu den starken Reizen gehören Wannenbäder und Wechselsitzbäder.7 Am besten besprichst du mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, welche Anwendungen in deinem Fall besonders geeignet sind.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00023587
Quellen
¹ https://www.kneippverband.de/kneipp/kneipp-hilft/, zuletzt abgerufen am 19.09.2024.
² https://www.kneippbund.de/, zuletzt abgerufen am 19.09.2024.
³ Stier-Jarmer, M., et al. (2021). Effekte der Kneipp-Therapie: Ein systematischer Review der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse (2000-2019). Complementary Medicine Research, 28(2), 146-159. https://doi.org/10.1159/000510452.
⁴ https://www.internisten-im-netz.de/fachgebiete/komplementaermedizin/naturheilkundliche-alternative-verfahren/thermo-therapie.html, zuletzt abgerufen am 19.09.2024.
⁵ https://www.kneippbund.de/gesundheitsidee/wasser/, zuletzt abgerufen am 19.09.2024.
⁶ Fleischhauer, A. (2018). Müde, erschöpft und abgeschlagen: Die Leber, das unterschätzte Stoffwechselorgan. Ernährung & Medizin, 33(03), 130-131. https://doi.org/10.1055/a-0638-6535.
⁷ https://www.kneipp-gesund.ch/die-bedeutung-der-reize.html, zuletzt abgerufen am 19.09.2024.