Darf ich mich mit Krebs noch neu verlieben?
In 11 Minuten die große Liebe finden? Das wollen hierzulande jeden Monat rund 8,6 Millionen Menschen in den verschiedenen Dating-Portalen.¹ Doch funktioniert Online-Dating mit Krebs?
Eine Krebsdiagnose verändert das Leben: Vielen Menschen wird in dieser besonderen Zeit bewusst, dass sie gerne jemanden an ihrer Seite hätten. Aber jetzt noch jemanden kennenlernen? Flirten, sich verabreden, um die Häuser ziehen: Wenn du dafür einfach keine Energie hast oder dich nicht so richtig attraktiv fühlst, kann Online-Dating für Menschen mit Krebs eine Alternative sein.
Josephine
„Über meine Krebserkrankung spreche ich nur unter vier Augen. Aber ich habe meine Skepsis überwunden und habe die Liebe gefunden.“
Josephine ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Ihre Familie und ihr Freundeskreis unterstützen sie im stressigen Alltag.
Ich war sehr skeptisch. Aber dann dachte ich: Tolle Männer gibt es überall – warum also nicht auch im Internet. Und tatsächlich: Nach einigen belanglosen Flirts und auch merkwürdigen Anmachen habe ich Gregor „getroffen“. Da waren so viele Gemeinsamkeiten: Wir stehen auf die gleichen Filme und Serien, lachen über die gleichen Witze, lieben Tiere und die Natur, wohnen in der gleichen Stadt. Erst haben wir geschrieben, dann immer häufiger telefoniert. Meine Krebserkrankung habe ich in der Zeit nicht erwähnt. Das ist für mich etwas so Persönliches, das kann ich nur „unter vier Augen“. Und schließlich war ich zu der Zeit auch „gesund“. So nach drei Monaten wollte er ein Treffen. Auch wenn ich Angst hatte, habe ich ja gesagt. Wir haben uns getroffen, bis in die Nacht hinein geredet … Ich habe mich wohlgefühlt, die Angst war weg. Beim zweiten Treffen habe ich dann die Karten auf den Tisch gelegt. Ich war mir sicher, dass er es positiv aufnehmen wird. Und ja … Er hat mich einfach in den Arm genommen. Da war sie, die starke Schulter, an die ich mich endlich anlehnen konnte. Und die ist auch nicht von meiner Seite gewichen, als der Krebs zurückgekommen ist. Jetzt kämpfen wir gemeinsam für unsere Zukunft.
— Josephine, Hautkrebspatientin
Thomas
„Wir lagen auf der gleichen Wellenlänge – dachte ich zumindest.“
Thomas hat einen großen Freundeskreis und spielt in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne Fußball. Nur die große Liebe lässt noch sich warten.
Vielleicht war ich zu euphorisch. Schließlich hatte es bei einer Freundin ja auch geklappt. Also meldete ich mich kurz entschlossen an. Und siehe da: Ich bekam viele Zuschriften. Gut, viele davon waren vorgefertigte Ankreuzfragen. Aber so fünf oder sechs fand ich schon interessant. Zwei der Damen waren mir dann aber etwas zu forsch, sprachen beim ersten Telefonat gleich von der großen Liebe und heiraten. Andere waren eher auf das Gegenteil aus und drückten das auch sehr deutlich aus. Mit Steffi habe ich dann schließlich ein paar Mal telefoniert. Sie war – wie ich – fußballbegeistert, mochte die gleiche Musik, teilte oft meine Meinung. Kurzum: Wir schienen auf einer Wellenlänge zu liegen und vereinbarten ein Treffen. Da ich ein offener Mensch bin und damit bisher eigentlich auch immer gute Erfahrungen gemacht habe, erzählte ich von meiner Krebserkrankung. Sie guckte mich an, als wäre ich ein Alien und meinte: „Wenn du eine billige Pflegekraft suchst, dann fahr doch nach Polen.“ Ich war geschockt. Trotzdem habe ich versucht, ihr zu schreiben, alles noch einmal zu erklären, mich zu entschuldigen, dass ich so mit der Tür ins Haus gefallen bin – absolut keine Reaktion. Nach der Enttäuschung bin ich jetzt nicht mehr auf der Suche.
— Thomas, Darmkrebspatient
Senta
„Wir sind uns gegenseitig Hilfe und Stütze.“
Senta liebt ausgedehnte Spaziergänge mit ihrer Labradorhündin Paula und gemütliche Kochabende. Für ihre Freundinnen und Freunde hat sie stets ein offenes Ohr.
Nach der Brust-OP fand ich mich einfach nicht mehr attraktiv. Ich dachte, wenn ich im Internet jemanden richtig kennenlerne und die Chemie stimmt, dann spielt das Aussehen vielleicht nicht mehr so eine große Rolle. Trotzdem wollte es mit der großen Liebe nicht klappen, der Funke ist nie übergesprungen. Ich habe aber viele interessante Männer kennengelernt und mit einigen bis heute auch noch Kontakt. Mit Norbert verbindet mich seit fünf Jahren sogar eine echte Freundschaft. Er wohnt gut 400 Kilometer entfernt und ohne das Internet wäre ich ihm nie begegnet. Er ist für mich da, wenn ich jemanden zum Reden brauche, auch mitten in der Nacht. Und trotz der Entfernung treffen wir uns regelmäßig. Als seine neue Freundin vor ein paar Monaten die Diagnose Krebs erhielt, wurden die Rollen neu verteilt. Jetzt kann ich ihm und ihr in dieser harten Zeit eine Stütze sein und Hoffnung schenken. Apropos Hoffnung: Die habe ich in Sachen Liebe noch nicht aufgegeben.
— Senta, Brustkrebspatientin
Inhaltlich geprüft: M-DE-00017926
Quellen
¹ Studie DER DEUTSCHE ONLINE-DATING-MARKT 2017-2018 https://www.singleboersen-vergleich.de/presse/online-dating-markt-2017-2018.pdf