Krebs im Alter: Fragen und Antworten
Mit zunehmenden Jahren steigt das Risiko, an Krebs zu erkranken. Bestimmte Krebsarten kommen in höherem Lebensalter deutlich häufiger vor. Zudem spielt es bei der Therapiegestaltung eine Rolle, ob man unter 20 oder über 80 Jahren alt ist. Wie hängen Alter und Krebs zusammen?
Je älter man wird, desto größer ist das Risiko, an Krebs zu erkranken. Das zeigt ein Blick in die Statistik. Demnach erkranken in Deutschland pro Jahr rund 500.000 Menschen neu an Krebs. Die meisten davon sind 65 Jahre und älter – diese Altersgruppe stellte beispielsweise 2014 mit mehr als 300.000 Neuerkrankungen die größte Zahl der neuerkrankten Krebspatienten. Zum Vergleich: in der Gruppe der Unter-20-Jährigen erkrankten im selben Zeitraum 2.339 Menschen neu, bei den 45 bis 64-Jährigen waren es 148.556.
Warum ältere Menschen so viel häufiger Krebs bekommen, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Vermutet wird aber, dass bei ihnen vermehrt Zellen mit Erbgutschäden auftreten. Das fehlerhafte Erbgut löst ein ungebremstes Zellwachstum aus, das zu Krebs führen kann.
Krebsformen im Alter
Doch das Alter macht nicht nur anfälliger für Krebs. Es wirkt sich auch auf die Häufigkeit der verschiedenen Krebsformen aus. So treten Prostata-, Darm- und Lungenkrebs deutlich öfter bei Über-65-Jährigen auf. Leukämien, Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS) und Lymphome sind dagegen typische Krebserkrankungen in jüngerem Alter. Auch das Geschlecht hat Einfluss auf das Erkrankungsrisiko.
Therapie mit Augenmaß
Generell stehen älteren Patienten alle Therapien zur Verfügung, die auch bei jüngeren Menschen zum Einsatz kommen. Manche hochbetagte Krebspatienten fragen sich allerdings, ob sie die Strapazen einer Krebstherapie auf sich nehmen möchten. Denn eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Abgeschlagenheit treten dagegen mit recht hoher Wahrscheinlichkeit auf. Die Entscheidung pro oder contra Therapie will deshalb sorgfältig abgewogen werden vor dem Hintergrund der individuellen gesundheitlichen Verfassung und der zu erwartenden Krankheitsentwicklung.
Wichtige Fragen bei der Wahl der Krebstherapie für ältere Patienten
- Welche Vorerkrankungen bestehen (zum Beispiel Diabetes oder Bluthochdruck)?
- Wie fit ist der Patient?
- Wie schnell wird der Krebs voraussichtlich voranschreiten?
- Welche Nebenwirkungen sind zu erwarten?
- Bringt die Therapie einen spürbaren Gewinn an Lebenszeit?
- Kann die Behandlung ambulant durchgeführt werden oder muss der Patient in die Klinik? Wie wirkt sich das auf seine psychische Verfassung aus?
- Ist der Patient dement? Welchen Einfluss hat dies auf die Behandlung?
Ein sogenanntes geriatrisches Assessment hilft dabei, diese Fragen zu beantworten. Dabei handelt es sich um ein Bewertungsverfahren, mit dem sich der gesundheitliche Allgemeinzustand individuell ermitteln lässt. Das Assessment berücksichtigt Punkte wie Gesundheitszustand, Ernährung, Mobilität, Gewicht, die Einnahme von Medikamenten, psychologische Probleme und den Vergleich mit Gleichaltrigen. Auf Basis der Angaben legt der Arzt gemeinsam mit dem Patienten den Therapieplan fest. Dazu gehören neben einer möglichen Operation, Chemotherapie oder Bestrahlung auch übergreifende Maßnahmen wie Ernährungsberatung, Physiotherapie sowie bei Bedarf soziale Unterstützung. Doch bei aller Relevanz dieser objektiven Kriterien sollte man niemals vergessen, in sich hineinzuhören, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse ernst nehmen und in die Therapiegestaltung einfließen lassen.
Gesund altern: Risikofaktoren meiden
Auch wenn das Krebsrisiko mit den Jahren steigt, kann man doch selbst etwas tun, um möglichst lange gesund und fit zu bleiben – insbesondere typische Risikofaktoren1 für Krebs zu meiden. Dazu gehören vor allem:
- Rauchen
- Ungesunde Ernährung
- Übergewicht
- Bewegungsmangel
- Infektionen
- Hoher Alkoholkonsum
- Umweltfaktoren: Radon, Feinstaub, Solarien, Passivrauchen
Studien zufolge sind rund 37 % der Krebserkrankungen in Deutschland durch diese Faktoren bedingt. Dabei entfallen 19,3 % auf das Rauchen, 7,8 % auf ungesunde Ernährung, 6,9 % auf Übergewicht, 6,1 % auf Bewegungsmangel, 4,0 % auf Infektionen, 2,2 % auf hohen Alkoholkonsum und 1,2 % auf Umweltfaktoren.
Dieter, 68, Diagnose Darmkrebs
„Ich wollte den Krebs auf jeden Fall besiegen“
„Als mein Arzt mir sagte, dass ich Darmkrebs habe, war für mich sofort klar, dass ich alles tun würde, um den Krebs wieder los zu werden. Ich war 66, gerade erst in Rente gegangen – und ich hatte und habe noch so viel vor. Natürlich hatte ich auch Glück, weil der Tumor früh entdeckt wurde und gut behandelt werden konnte. Trotzdem hat mir die OP mehr zugesetzt, als ich anfangs gedacht habe. Und es hat auch länger gedauert, bis ich wieder richtig fit war. Aber jetzt geht es mir gut, ich kann meinen Hobbys wie Tanzen nachgehen. Ohne die Therapie wäre ich jetzt vielleicht schon nicht mehr am Leben.“
Hannelore, 79, Diagnose Brustkrebs
„Ich bin hin- und hergerissen“
„Vor zwei Jahren bin ich zum ersten Mal an Brustkrebs erkrankt. Damals war ich 77. Ich habe mich für die OP und eine anschließende Chemotherapie entschieden. Leider ohne den gewünschten Erfolg. Vor zwei Wochen hat der Arzt ein Rezidiv festgestellt. Ehrlich gesagt, weiß ich noch nicht, was ich tun soll. Wer sagt mir, dass die Therapie diesmal hilft? Oder ob ich die Strapazen nicht wieder „umsonst“ auf mich nehme? Auf der anderen Seite bin ich für mein Alter eigentlich noch recht fit. Und es wäre so schön, wenn meine Enkelkinder auch noch länger was von ihrer Oma hätten.“
Zusammenfassung
Fragen und Antworten
1. Ist Krebs eine Alterskrankheit?
Krebs kann grundsätzlich in jedem Alter auftreten. Allerdings steigt das Risiko mit zunehmendem Alter deutlich an. Am häufigsten betroffen ist die Altersklasse der Über-64-Jährigen.1
2. Warum erkranken immer mehr Menschen an Krebs?
Krebs tritt im Alter häufiger auf. Da es immer mehr ältere Menschen gibt, gibt es auch mehr Krebserkrankungen.
3. Schreitet Krebs im Alter langsamer voran?
Nein. Wie schnell sich Krebs ausbreitet, ist nicht vom Alter abhängig, sondern unter anderem von der Krebsform und dem allgemeinen Gesundheitszustand.
4. Warum tritt Krebs im Alter häufiger auf?
Weil der Körper Zellen mit verändertem Erbgut weniger schnell und zuverlässig reparieren kann. Konkret heißt das, dass sich das Erbgut umso stärker verändert, je länger man lebt. Das veränderte Erbgut kann ein unkontrolliertes Zellwachstum auslösen – Krebs entsteht.
5. Welche Krebsarten sind typische „Alterskrankheiten“?
Gallenblasen- und Gallenwegskrebs (53 %), Harnblasenkrebs (51 %), Bauchspeicheldrüsenkrebs (46 %), Magenkrebs (45 %), Darmkrebs (45 %). (Anteil der Über-75-Jährigen an den Neuerkrankungen 2014.)2
Quellen
¹ Deutsches Krebsforschungszentrum, Krebsinformationsdienst: Krebs im Alter, https://www.krebsinformationsdienst.de/behandlung/krebs-im-alter.php, zuletzt abgerufen am 17.12.2020.
² Deutsche Krebsgesellschaft, Onko Internetportal: Krebs im Alter, https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/leben-mit-krebs/alltag-mit-krebs/krebs-im-alter-spezielle-beduerfnisse-spezielle-t.html, zuletzt abgerufen am 17.12.2020.
³ Deutsches Krebsforschungszentrum, Krebsinformationsdienst: Therapieplanung bei älteren Krebspatienten, https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2018/news091-therapieplanung-bei-aelteren-krebspatienten.php, zuletzt abgerufen am 17.12.2020.
⁴ Deutsches Krebsforschungszentrum, Krebsinformationsdienst: Vermeidbare Risikofaktoren verursachen 37 Prozent aller Krebsfälle, https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2018/news070-vermeidbare-risikofaktoren.php, zuletzt abgerufen am 17.12.2020.
⁵ Ärztezeitung: So häufig kommt Krebs in Deutschland vor, https://www.aerztezeitung.de/Medizin/So-haeufig-kommt-Krebs-in-Deutschland-vor-313195.html, zuletzt abgerufen am 17.12.2020.
⁶ Pharma Fakten: Die Alterskrankheit, https://pharma-fakten.de/news/560-die-alterskrankheit/, zuletzt abgerufen am 17.12.2020.
⁷ Zentrum für Krebsregisterdaten: Krebsdiagnosen im Lebensverlauf,https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Kurzbeitraege/Archiv2018/2018_4_Thema_des_Monats_lebensverlauf.html#:~:text=junge%20Männer%20etwas%20höher%20liegt,von%2035%20Jahren%20insgesamt%20niedrig, zuletzt abgerufen am 17.12.2020.