Sprich mit deinem Kind über Krebs
Trifft die Diagnose Krebs eine Familie, verändert sich schlagartig das Leben aller – auch das der Kinder. Was soll man ihnen sagen und wieviel kann man ihnen zumuten? Tipps und Unterstützung findest du hier.
Wenn ein Elternteil oder eine andere erwachsene Bezugsperson Krebs hat, sollte das zum Wohle der Kinder nicht unter den Teppich gekehrt werden. Zu schwierig erscheinen den Erwachsenen oft die Themen, die mit einer Krebserkrankung verbunden sind: Krankenhaus, Chemotherapie, Nebenwirkungen und am Ende vielleicht der Tod – wie soll man mit Kindern oder Jugendlichen darüber sprechen? Soll man überhaupt darüber sprechen?
Kinder haben feine Antennen und nehmen Veränderungen im Alltag besonders intensiv wahr. Sie trauen sich aber oft nicht, darüber zu sprechen. Insbesondere, wenn sie spüren, dass die Erwachsenen nicht offen damit umgehen.
Krebs ist eine Familiendiagnose
Die Mainzer Krebsberatungsstelle Flüsterpost e.V. setzt sich bundesweit für Kinder krebskranker Eltern ein. Aus langjähriger Erfahrung weiß man hier, dass die Situation von Kindern, deren Mutter oder Vater an Krebs erkrankt ist, oft unterschätzt und nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Der gemeinnützige Verein Flüsterpost e.V. wurde 2003 von Prof. Dr. med. Gerhard Trabert, Arzt für Allgemein- und Sozialmedizin, sowie Dipl. Soz.päd. Anita Zimmermann gegründet. Zusammen mit der Gestalttherapeutin Karin Burchardt bietet Anita Zimmermann psychosoziale Beratung und Begleitung für die ganze Familie an. Das Team geht auch in Kitas und Schulen, halten Vorträge und geben Fortbildungsseminare.1
Sie unterstützen beim offenen, ehrlichen und altersgemäßen Gespräch zwischen Erwachsenen, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen innerhalb und außerhalb der Familie. Die offene Kommunikation kann der ganzen Familie helfen, Ängste zu reduzieren und Missverständnisse zu klären. Gemeinsam lassen sich neue Wege finden, mit der Diagnose und den Veränderungen leben zu lernen.
Tipps und Infos für Kinder, Jugendliche und Erwachsene findest du auf der Internetseite.
Wie Flüsterpost e.V. dich und deine Familie unterstützen kann, siehst du im folgenden Video:
„Musst du jetzt sterben?“
Verständlicherweise haben Eltern meist Angst, ihren Kindern diese Frage beantworten zu müssen. Je nach Alter und Erfahrungen gehen Kinder und Jugendliche unterschiedlich mit dieser Frage um. Vor allem jüngere Kinder stellen sie oft gar nicht, wenn sie die Erkrankung Krebs noch nicht mit dem Tod verbinden. Sie sind häufig eher wissbegierig und wollen beispielsweise verstehen, was Krebs ist, woher der Krebs kommt oder, ob Krebs ansteckend ist. Jugendliche oder junge Erwachsene hingegen können meist schon sehr gut einschätzen, welche Konsequenzen die Diagnose nach sich ziehen kann. Sie sprechen aber nicht zwangsläufig von sich aus darüber!
Daher ist es grundsätzlich wichtig, dass die Erwachsenen mutig sind, auf die Kinder zugehen, das Gespräch anbieten und sie fragen, was sie über die neue oder veränderte Lebenssituation durch die Krebserkrankung denken und fühlen oder was sie sich wünschen.
Prof. Gerhard Trabert:
„Eltern sollten den Mut haben, ehrlich zu sein: Man muss nicht immer sofort dem Kind alles sagen, was man weiß, aber was man sagt, muss wahr sein."
Kinder unbedingt einbeziehen
Viele Eltern denken, dass sie ihre Kinder zu sehr belasten, wenn sie ehrlich über ihre Erkrankung und den Tod sprechen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Sprechen hilft und kann sehr entlastend sein: Der eigene Umgang mit der Erkrankung ist erschwert, wenn man aus Angst, Hilflosigkeit oder Schutzimpuls kein offenes Gespräch führen kann.
Du darfst auch deine Traurigkeit und Tränen zeigen. Kinder nehmen ihre Eltern als Vorbild für den Umgang mit den eigenen Gefühlen. Wenn du deine Gefühle offen zeigst, lernt dein Kind das auch.
Du darfst mutig sein, die Kinder einzubeziehen, sie zu informieren und ihnen zu vertrauen. Du kannst ihnen zutrauen, mit der Erkrankung umgehen zu lernen! Dann könnt ihr ein ehrliches, offenes Gespräch führen, das euch entlastet und gleichzeitig stärkt.
Je nach Entwicklungsstand des Kindes kann man ab dem 3. Lebensjahr kindgerecht erklären, dass Mutter, Vater, Oma oder Opa an Krebs erkrankt ist. Wenn man nichts sagt, fragen sich Kinder, warum der oder die Erkrankte sich merkwürdig verhält oder im Krankenhaus ist – und ob es mit ihnen zu tun hat. „Besonders zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr denken Kinder häufig, dass sie Schuld an der Situation oder der Krankheit haben“, so Prof. Trabert.
- Versichere deinem Kind immer wieder, dass es geliebt wird und keine Schuld an der Krankheit trägt
- Sage ihm, dass Mama oder Papa durch die Krankheit gereizt oder aufbrausender sein können als sonst
- Das Kind hat ebenso das Recht, alle seine Gefühle zu äußern, egal ob Angst, Wut, Trauer oder Freude
- Weitere Tipps findest du hier
Unterstützung für Kinder, Eltern und Patientinnen oder Patienten
Die Pädagoginnen von Flüsterpost e.V. informieren, beraten und begleiten bundesweit kostenfrei und vertraulich Kinder, Jugendliche, Eltern, Angehörige wie auch andere Bezugspersonen zum Thema „Leben mit der Familiendiagnose Krebs” oder „Leben mit Abschied, Tod und Trauer”.
Der Verein gibt im ersten Schritt Tipps für Familien, die zwar ein Gespräch führen möchten, aber nicht so genau wissen, wie sie es anfangen können.
Hier bietet Flüsterpost e.V. Einzel-, Paar- und Familienberatung, telefonische und persönliche Gespräche sowie Online-Beratung per E-Mail oder Video-Chat.
Zusätzlich gibt es Einzel- und Gruppenangebote im Bereich Spiel-, Kreativ, Musik- und Erlebnispädagogik für Kinder und Jugendliche, eine Wohlfühlecke in der Beratungsstelle und jede Menge altersgerechte Infomaterialien.
Die Informationsbroschüre für Kinder zum Thema Krebserkrankung in der Familie kannst du hier herunterladen.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00014782
Quellen
¹ https://kinder-krebskranker-eltern.de/, zuletzt abgerufen am 09.09.2022