Zurück in den Beruf bei Krebs: So gelingt der Wiedereinstieg
Operation, Chemotherapie, Reha: Die Behandlung einer Krebserkrankung kann viel Zeit beanspruchen. Doch im besten Fall ist der Krebs irgendwann besiegt. Spätestens dann stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang – und vor allem wie – der Wiedereinstieg in den Beruf gelingen kann.
Eine überstandene Krebserkrankung hinterlässt Spuren: Viele Betroffene sind weniger leistungsfähig und ermüden schneller als vor der Erkrankung. Manchmal bleiben auch dauerhafte Einschränkungen oder Behinderungen zurück, die sich auf die Arbeitsfähigkeit auswirken. Der Gesetzgeber sieht deshalb einen sanften Wiedereinstieg vor, der auf die individuelle Leistungsfähigkeit zugeschnitten ist und durch verschiedene Unterstützungsmaßnahmen begleitet wird. Die so genannten „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ (früher: „Berufliche Rehabilitation“) sind Vorgaben aus dem Sozialgesetzbuch und umfassen alle Reha-Maßnahmen zur Förderung der Berufstätigkeit.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben/ Berufliche Rehabilitation (Auswahl)
- Hilfen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen oder zu
erhalten und Förderung zur Arbeitsaufnahme inkl.
Leistungen zur Beratung und Vermittlung - Technische Arbeitshilfen wie Sitzhilfen oder
Rollstuhlrampen - Hilfsmittel wie orthopädische Hilfen,
Stimmprothesen, Seh- oder Hörhilfen. - Reha-Sport und Funktionstraining, um Ausdauer und Kraft zu stärken sowie Koordination und Flexibilität zu verbessern
- Trainingsmaßnahmen, Vorbereitungs-, Bildungs-und Ausbildungsmaßnahmen, gegebenenfalls auch eine durch die Behinderung notwendige, neue Grundausbildung
Die Kosten für diese Leistungen werden von der Kranken- oder Rentenversicherung übernommen.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) bei Krebs
Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, nun steht der erste Arbeitstag vor der Tür: Dafür, dass von Anfang an alles rund läuft und der Rückkehrende sanft startet, sorgt das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), das jeder Arbeitgeber organisieren muss. Das BEM steht längerfristig erkrankten Beschäftigten unter zwei Voraussetzungen zu:
- In den letzten 12 Monaten mindestens sechs Wochen lang krankgeschrieben gewesen zu sein
- sowie nach ärztlicher Einschätzung die bisherige Tätigkeit zumindest teilweise wieder ausüben zu können.
Ist dies der Fall, wird die Wiedereingliederung geplant, meist nach dem sogenannten Hamburger Modell. Dabei wird ein Stufenplan erstellt, der genau festlegt, welche Tätigkeiten der Mitarbeiter übernimmt und wie viele Stunden er arbeitet. Der Plan erstreckt sich, je nach der erwarteten Leistungsfähigkeit, über einen Zeitraum zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Er regelt auch, zu welchen Zeitpunkten die anfängliche Stundenzahl Schritt für Schritt gesteigert wird. Außerdem ist das Recht des Arbeitsnehmers, die Wiedereingliederung bei Bedarf abzubrechen, im Stufenplan festgeschrieben.
Der konkrete, ganz persönliche Fahrplan zur Wiedereingliederung nach der Krebstherapie
Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt oder dem Betriebsarzt kann ein persönlich zugeschnittener Stufenplan ausgearbeitet werden. Anschließend wird dieser dem Arbeitgeber vorgelegt – bei größeren Unternehmen dem Betriebsrat oder der Schwerbehindertenvertretung, bei kleineren dem Personalchef oder dem direkten Vorgesetzten. Arbeitgeber sind zwar nicht gezwungen, dem Stufenplan zuzustimmen, allerdings müssen sie im Fall einer Kündigung nachweisen, alles getan zu haben, um dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung im Unternehmen zu ermöglichen. Eine Ablehnung einer betrieblichen Wiedereingliederungsmaßnahme würde dem entgegenstehen und schützt somit vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.
Übrigens: Während des BEM wird kein Gehalt gezahlt, sondern Krankengeld. Der Anspruch darauf besteht für den gesamten Zeitraum des BEM, egal, wie lange vorher schon Krankengeld bezogen wurde.
BEM – Gut zu wissen
- Krankengeld statt Gehalt
Während des BEM wird Krankengeld von der Krankenversicherung gezahlt. Auch, wenn dieses über die sonst maximal möglichen 78 Wochen hinausgeht. - Soziale Absicherungen bleiben unangetastet:
Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung bleiben in der Zeit eines BEM unangetastet, sodass später keine Nachteile entstehen. - BEM schützt vor Kündigung
Die Teilnahme an einem BEM schützt Mitarbeiter vor einer krankheitsbedingten Kündigung. Spricht ein Arbeitgeber trotz BEM eine Kündigung aus, muss er vor dem Arbeitsgericht beweisen, dass er alles unternommen hat, um den Angestellten an seinen Arbeitsplatz zurückzuführen. - BEM-Ablehnung erleichtert Kündigung
Lehnst Du Maßnahmen zum BEM ab, ist es für den Arbeitgeber leichter, eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht zu begründen. - BEM mit Behinderung
Auch mit einer Behinderung oder sogar Schwerbehinderung ist die Teilnahme an einem BEM möglich und eine Einschätzung durch den Arzt sinnvoll. Denn der Behinderungsgrad alleine sagt nichts über die berufliche Leistungsfähigkeit aus und ist je nach Tätigkeitsfeld unterschiedlich relevant. - Alternative Aufgaben
Kannst Du Deine ursprünglichen Aufgaben nicht mehr anforderungsgerecht erledigen, muss der Arbeitgeber, wenn möglich, einenalternativen Tätigkeitsbereich anbieten. Das BEM wird dann auf den neuen Bereich zugeschnitten.
Quellen
¹ https://www.brustkrebszentrale.de/fileadmin/user_upload/05_service/01_mediathek/praktisches-und-soziales/Alltag_bewaeltigen_Rueckkehr_Arbeit.pdf